Der Terror muss ein Ende haben

Es ist zu befürchten, dass die geringe Hoffnung, die wir nach dem furchtbaren Krieg in Libanon hatten, es könnte jetzt vielleicht einen neuen gemeinsamen starken Wille zum Friedensprozess geben, wieder im Verschwinden begriffen ist.
In dieser Woche gab es zweimal die Gelegenheit, über die Nah-Ostproblematik zu diskutieren.

Treffen mit der Außenministerin

Zum einen traf ich gleich am Montag die österreichische Außenministerin zu einem Vieraugengespräch in Wien. Ich hatte Ursula Plassnik im Sommer ein Positionspapier übermittelt, das auch in der September-Ausgabe der „Tour d´Europe“ veröffentlicht worden ist. Parallel zu einer schriftlichen Antwort hatte sie mich zu einem Gespräch eingeladen.
Die Außenministerin schilderte mir ihre Bemühungen, gerade die Syrer dazu zu bewegen, sich aktiv am Diskussions- und Friedensprozess zu beteiligen. Und sie sprach über die Schwierigkeiten, mit Syrien ins Reine zu kommen und letztendlich eine eindeutig positive Antwort zu erhalten. In den vergangenen Tagen ist allerdings, vor allem hinsichtlich der Golanhöhen, auf der syrischen Seite einiges in Bewegung gekommen. Und das ist positiv – bei aller Skepsis, die man zweifellos an den Tag legen muss. Ich hoffe in diesem Sinn, dass es langsam zu einer beweglicheren und vernünftigeren Sicht der Syrier hinsichtlich des Friedensprozesses kommen wird. Zu erhoffen ist allerdings auch eine positive Reaktion seitens Israel.

Zurückhaltung bei Israel

Ohne hier die Vertraulichkeit eines solchen Gespräches zu verletzen, kann ich feststellen: Das Gespräch mit Ursula Plassnik verlief durchaus angenehm. Es war zwar überwiegend eine Darstellung seitens der Außenministerin, was alles unternommen wird, um einen gemeinsamen europäischen Standpunkt zu erzielen. Wir stimmten aber beide darin überein, wie wichtig es wäre, eine neue Nah-Ostkonferenz zu initiieren, an der alle teilnehmen sollen, die einen wesentlichen Beitrag zum Friedensprozess leisten müssen, inklusive der Syrer und der Iraner.
Gegenüber dem Verhalten Israels, das in den vergangenen Tagen und Wochen erneut eine massive Ausdehnung der Siedlungsgebiete vorgenommen hat und immer wieder militärisch interveniert, zeigt sich die Außenministerin so wie die meisten europäischen AußenminiterInnen weniger kritisch. Motivation hierfür mag die Angst sein, Israel zu kritisieren. Auch mir selbst geht es nicht um eine Kritik Israels. Ich kann allerdings nicht erkennen, dass die israelische Regierung eine klare Friedensstrategie verfolgt. Stattdessen nimmt man den Palästinensern permanent Gebiete weg, indem man in diesen Gebieten jüdische Siedler ansiedelt.

Aggressiver Akt nach außen

Es geht in dieser Frage nicht um die Verteidigung nationaler Sicherheitsinteressen, sondern um einen aggressiven Akt nach außen hin. Die jüngsten, auch militärischen Auseinandersetzungen zwischen Fatah und Hamas hängen nicht zuletzt damit zusammen, dass die finanziellen Voraussetzungen für eine Stabilisierung innerhalb der palästinensischen Gebiete nicht gegeben sind, wenn Israel jene Mittel, die den Palästinensern zustehen würden, zurückbehält und dadurch erst recht einen Konflikt schürt – aus meiner Sicht ganz bewusst.
Bei all diesen Fragen findet man eine extreme Zurückhaltung in der EU insgesamt, was allerdings dem Friedensprozess keineswegs nützlich ist. Die Strategie, die Hamas dazu zu bewegen, Israel anzuerkennen und dies zur Grundlage einer gemeinsamen Regierung mit der Fatah zu machen, ist eigentlich gescheitert. Für mich sind das Ende des Terrors und das Setzen aktiver, positiver Maßnahmen zur Verhinderung des Terror und der Anschläge gegen Israel entscheidend, und genau das gilt es einzufordern. Alles andere ergibt sich aus dem Friedensprozess. Hinzu kommt, und ich erwähne das immer wieder, dass Israel selbst keineswegs die Grenzen von 1967 anerkennt, was es erschwert, genau das von der anderen Seite zu verlangen.

Internationale Nah-Ostkonferenz

Die zweite Gelegenheit, über die Nah-Ostproblematik zu diskutieren, hatte ich, als ich im Namen der Fraktion den norwegischen Parlamentsprädisent in Brüssel empfangen habe. Thorbjørn Jagland ist zuvor Ministerpräsident der sozialdemokratischen Regierung und Vorsitzender des Nah-Ostkommitees der Sozialistischen Internationale gewesen. Mit diesem Hintergrund ist er ein versierter und engagierter Kämpfer für den Frieden im Nahen Osten.
Im Gespräch mit ihm gab es eine noch größere Übereinstimmung als mit der österreichischen Außenministerin, insbesondere in der Frage der gleichstrukturierten und gleichorientierten Haltung gegenüber Palästina und Israel. Jagland, der auch über Erfahrungen aus dem Oslo-Prozess verfügt, hat aus meiner Sicht Recht, wenn er mit Nachdruck eine internationale Konferenz fordert und in diesem Zusammenhang auf die Erfahrung und Haltung Norwegens hinweist, die dabei sehr hilfreich sein könnten – auch wenn Norwegen kein Mitglied der Europäischen Union ist.

Hoffnung auf Frieden schwindet

Ich fürchte allerdings, dass das Nah-Ostproblem wieder in den Hintergrund geschoben und sich die Aufmerksamkeit europäischer und amerikanischer Politiker auf die katastrophale Entwicklung im Irak und auf das Unvermögen, mit dem Iran zu einer Lösung zu kommen, konzentrieren wird. Letzteres ist zugegebenermaßen nicht einfach und wird auch seitens der Iraner nicht leicht gemacht.
All das lässt mich allerdings befürchten, dass die geringe Hoffnung, die wir nach dem furchtbaren Krieg in Libanon hatten, es könnte jetzt vielleicht einen neuen gemeinsamen starken Wille zum Friedensprozess geben, wieder im Verschwinden begriffen ist. Und das deutet leider darauf hin, dass Leid, Terror und Verderben in dieser Region weiter auf der Tagesordnung stehen werden.

Brüssel, 18.10.2006