Die ersten Arbeitswochen

Das „Soziale Europa“ kann nicht mit denselben Personen gestaltet werden, die das andere, wirtschaftsliberale Europa verursacht haben.
Eine umfassende Analyse der Wahlen zum Europäischen Parlament und der enttäuschenden Ergebnisse steht noch aus. Fest steht allerdings: Die Sozialdemokratie in Europa und insbesondere in Österreich hat keinen klaren und konsistenten Eindruck gemacht.

Inkonsistenter Akt

Unsere kritische Haltung zur EU-Politik in den vergangenen Jahren stand oft im Widerspruch zur Politik, die vor allem viele Regierungen betrieben haben. Außerdem kann das „Soziale Europa“ nicht mit denselben Personen gestaltet werden, die das andere, wirtschaftsliberale Europa verursacht haben. Die Unterstützung für Barroso schon vor der Wahl war ein solcher inkonsistenter Akt der sozialdemokratischen Staats- und Regierungschefs. Und das Drängen darauf, Barroso schnell im Parlament wieder zu wählen, liegt genau auf dieser Linie und schafft auch nicht mehr Vertrauen.
Im EU-Parlament fand sich dafür übrigens keine Mehrheit. Nur die Europäische Volkspartei und die beiden neuen Fraktionen ganz rechts unterstützten dieses Anliegen. Vor allem wir SozialdemokratInnen wollten hingegen zuerst eine ausführliche Diskussion mit Barroso und einige Forderungen an ihn stellen, die unseren sozialen Zielsetzungen entsprechen. Dabei ist der Ausgang dieser Diskussionen noch völlig unklar. Einige Mitglieder wollen ihn eher wählen, weil sie keine Alternative sehen. Andere wiederum wollen ihn klar ablehnen, weil sie keine Hoffnung haben, dass er fähig ist, einen besseren Kommissionspräsidenten darzustellen als in der Vergangenheit. Wieder andere warten auf die Gespräche mit ihm, um sich dann zu entscheiden. Die Wahl eines Kommissionspräsidenten wird jedenfalls frühestens Mitte September stattfinden.

Wer macht was?

Selbstverständlich ging es aber in den ersten Arbeitswochen nicht nur um diese Frage, sondern vor allem um die Einteilung der Abgeordneten auf die verschiedenen Ausschüsse und die Verteilung der verschiedenen Positionen – wie Vorsitzende und Stellvertreter der Ausschüsse und der interparlamentarischen Delegationen etc. Einerseits mag man diese Fragen für nebensächlich halten, anderseits ist es allerdings wie in jedem Beruf und jeder Organisation, Firma etc. Die Frage, welche Position und Verantwortung man übertragen bekommt, ist für die einzelnen Abgeordneten, aber auch für die Fraktion nicht uninteressant.
Innerhalb der Fraktion war es nun meine Aufgabe, in Verhandlungen mit allen LeiterInnen unserer nationalen 27 Delegationen eine Lösung zu finden. Dabei bedurfte es stundenlanger Diskussionen und Verhandlungen, um die einzelnen Ausschüsse entsprechend zu besetzen. Klar war, dass für uns der Sozialausschuss eine höhere Bedeutung hat als der Fischereiausschuss. Zum Sozialausschuss hatten wir daher eine Unzahl von Anmeldungen, in den Fischereiausschuss hingegen wollte kaum jemand gehen. Dennoch musste ich einen Ausgleich finden. Und so ging es natürlich auch bei anderen Ausschüssen zu. Mit wenigen Ausnahmen konnte ich dennoch eine befriedigende Lösung finden. Ich selbst bleibe wie schon bisher Mitglied im Außenpolitischen Ausschuss und im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie. Ich werde dort meine begonnene Arbeit fortsetzen und mich nicht zuletzt den wichtigen Energiefragen widmen.

Straßburg, 16.7.2009