Ein guter Start

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Zagreb

Nach der Sommerpause begann ich meine direkte parlamentarische Tätigkeit als Kroatienberichterstatter des EU-Parlaments. Ich fuhr nach Zagreb, und zwar aus zweierlei Gründen. Erstens wollte ich den neuen Justizminister Bosnjakovic treffen. Das Justizkapitel ist ja in den Verhandlungen zwischen Kroatien und der EU das heikelste und wichtigste Kapitel. Von der Reorganisation der Gerichte, vor allem um den Rückstand bei den verschiedenen Verfahren abzubauen, bis zum Kampf gegen die Korruption hat Kroatien wichtige Aufgaben zu erfüllen.
Zweitens wollte Staatspräsident Josipovic mir endlich jenen Orden überreichen, den mir schon sein Vorgänger Stipe Mesic verliehen hat. Zusätzlich ergab sich außerdem die Gelegenheit, Premierministerin Kosor zu treffen um auch mit ihr die verschiedenen offenen Frage durchzugehen.

Hypo-Alpe-Adria und Justizreform

In den Gesprächen mit dem Justizminister machte ich auch klar, wie wichtig der Kampf gegen alle Formen der Wirtschaftskriminalität ist. Besonders aktuell ist die Aufklärung der Affäre Hypo-Alpe-Adria. Da braucht es auch einer engen Kooperation mit den Behörden in Österreich und Bayern. Nur diese Zusammenarbeit kann Aufklärung und Transparenz in diese Angelegenheit bringen. Ich hoffe, dass keine politischen Rücksichten die Dinge verschleppen oder gar unter den Tisch kehren.
Aber natürlich drehten sich die Gespräche auch um die internen Reformen des Justizsystems, insbesondere der Zusammenlegung von Gerichten im Sinne effizienterer und rascher Entscheidungen. Auch die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof sprach ich an. Das Verfahren gegen General Godovina in Den Haag geht dem Ende zu, und natürlich fragen sich viele, wie es ausgehen wird. Dabei ist es für die Anklage bedauerlich, dass sie nicht alle Dokumente bekommen hat, die sich gewünscht hat, um Godovina als den Mittelpunkt einer kriminellen Vereinigung darzustellen. Aber niemand kann beweisen, dass all diese Dokumente existierten bzw. ob sie alle vernichtet wurden, falls sie existierten. Natürlich sollte Kroatien auch jetzt noch alles tun, um sämtliche Fährten, die zu diesen Dokumenten führen könnten, zu verfolgen.

Rasche Umsetzung

Sowohl dem Justizminister als auch der Premierministerin gegenüber betonte ich die Wichtigkeit, nicht nur die noch ausständige Gesetzgebung dem Parlament zuzuleiten, sondern auch für die entsprechende Umsetzung zu sorgen. Sicher kann nicht alles in kurzer Zeit umgesetzt werden, aber es gibt etliche Schritte, die Kroatien unternehmen sollte, um zu zeigen, dass die Reformen ernst gemeint sind.
Vor allem sollte alles, was die Unabhängigkeit der Justiz demonstrieren würde, rasch verwirklicht werden. Das würde auch vielen Investoren wieder mehr Vertrauen geben und zu zusätzlichen Investitionen anregen. Allerdings hat man manchmal das Gefühl, dass nicht alle an ausländischen Investitionen interessiert sind, sie wollen einen Großteil des Kuchens lieben selber genießen.

Hoffnung in Präsident Josipovic

Die Überreichung des kroatischen Ordens war mit strengem Protokoll organisiert. Aber danach gab Präsident Josipovic ein Essen, bei dem die Unterhaltung informell und offen geführt werden konnte. Wir diskutierten vor allem die Situation am Balkan. Präsident Josipovic bemüht sich ja sehr, die Wunden der Vergangenheit zuheilen zu lassen und neue Brücken zu schlagen. Nicht alle sind begeistert davon, aber er lässt sich davon nicht abbringen. Durch Besuche in den Nachbarstaaten versucht er, die Beziehungen zu verbessern und konkrete Schritte einzufordern.
Ich teile seine Meinung, dass dabei nie alles erreicht werden kann. Aber der Standpunkt „Alles oder Nichts“ führt zu keinem Erfolg. Wir tauschten unsere Erfahrungen von Gesprächen in Bosnien und Herzegowina aus, ebenso bezüglich Serbiens und fanden eine hohe Übereinstimmung. Ich hoffe, dass der Kroatische Präsident noch viel nicht nur für sein Land, sondern auch für die gesamte Region unternehmen kann.

Beispielgebende Premierministerin

Auch das Gespräch mit der Premierministerin war sehr angenehm. Immerhin hat sie es zusammengebracht, mit dem slowenischen Premierminister die bilateralen Probleme zu lösen bzw. schrittweise einer Lösung zuzuführen. Und damit haben sie der Region ein gutes Beispiel für die Lösung der anderen noch offenen bilateralen Probleme geboten.
Dabei bin ich mir bewusst, dass manche Probleme, wie z. B. das Kosovoproblem, schwieriger zu lösen sind. Aber entscheidend ist der Wille, einen Ausweg aus den Problemen zu suchen und sich nicht zu verrennen. Ich hoffe, Serbien denkt daran und versucht vor allem, mit der EU Lösungen zu suchen und nicht gegen die EU.