Euratom braucht Runderneuerung

Aus meiner Sicht sollte es eine internationale Regierungskonferenz geben, die entweder einen neuen Euratom-Vertrag mit größerem Augenmerk auf den Sicherheitsaspekten formuliert oder den Vertrag generell in die Europäische Union integriert.
Eine weitere Frage, die uns in dieser Ausschusswoche beschäftigt, ist Euratom – jener Vertrag, der vor 50 Jahren beschlossen worden ist und der aus dem damaligen Zukunftsglauben in die Atomenergie parallel zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und später zur Europäischen Union die Frage der Atompolitik regeln sollte.

Vertrag aus einer anderen Zeit

Der Euratom-Vertrag hat von vornherein großen Wert auf atomare Sicherheit und die Sicherheit der Kraftwerke gelegt. Trotzdem stammt er aus einer anderen Zeit. Einer Zeit, in der man Kernenergie befürwortet hat und sie fördern wollte – auch wenn er nie im Widerspruch zur Entscheidungsmöglichkeit für alle Mitgliedsländer stand, sich für oder eben gegen Kernenergie auszusprechen.
Heute spielt die Frage der Sicherheit der Atomkraftwerke und der Sicherheit gegen die Weiterverbreitung eine wesentlich entscheidendere Rolle. Das ist auch der Grund, warum ich einige Abänderungsanträge zum Bericht des zuständigen Berichterstatters verfasst habe. Es soll aus meiner Sicht eine internationale Regierungskonferenz geben, die entweder einen neuen Euratom-Vertrag mit größerem Augenmerk auf diesen Sicherheitsaspekten formuliert oder den Vertrag generell in die Europäische Union integriert.

Entscheidung der Länder

Derzeit hat das Europäische Parlament in diesen Fragen nur am Rande ein Mitspracherecht. Aus meiner Sicht ist es aber unmissverständlich ein demokratiepolitisches Gebot, dass das Europäische Parlament sich hier einschaltet und dafür Sorge trägt, dass Sicherheit inklusive der sicheren Verbringung und Verwahrung von Atommüll absolute Priorität zugeordnet wird. Vor allem viele in Österreich mögen einwenden, dass es keinen Sinn macht, im Kontext der Kernenergie und deren Lagerung überhaupt über Sicherheit zu sprechen, weil diese immer mit Unsicherheit und Risken verbunden sind.
Ich persönlich stimme dieser Einschätzung zu. Dennoch sind viele Menschen – Experten wie Laien – nicht davon überzeugt. Sie vertreten nicht jene vorsichtige und zurückhaltende Position wie die meisten ÖsterreicherInnen. Wir müssen diese Tatsache anerkennen. Ob es uns gefällt oder nicht: Wir können anderen Ländern nicht vorschreiben, keine Atomenergie zu verwenden. So wie andere Länder uns nicht vorschreiben können, dass wir Atomenergie verwenden müssen – beispielsweise, um die schädlichen Emissionen von Kohle-, Öl- oder Gaskraftwerken zu verhindern.

Heikles Zukunftsthema

Österreich hat das Glück, durch Wasserkraftwerke und Investitionen in andere Sektoren wie Biomassekraftwerke über einen hohen Anteil an erneuerbarer Energie zu verfügen. Andere Länder haben gar nicht die entsprechenden Voraussetzungen dafür, etwa hinsichtlich der Wasserkraftwerke. Und sie vertreten eine teilweise andere, man könnte auch sagen, positivere bzw. nachlässigere Einstellung zur Nutzung von Atomkraft für die Stromerzeugung.
Dieses heikle Thema wird uns auch in den kommenden Jahren noch intensiv beschäftigen. Gerade die Tatsache, dass wir davon ausgehen müssen, dass Atomstrom bis zu einem gewissen Ausmaß jedenfalls erzeugt werden wird, macht es absolut notwendig, dass wir die Frage der relativen Sicherheit von Atomkraftwerken und der höchstmöglichen Vermeidung von Weiterverbreitung und der nichtfriedlichen Nutzung von Atomkraft in den Vordergrund rücken. Und genau das ist aus meiner Sicht mit dem derzeitigen Euratom-Vertrag nicht gegeben.

Brüssel, 27.2.2007