Gemeinsam für den Waffenstillstand

Mit einer einstimmig verabschiedeten Entschließung positionierte sich das Europäische Parlament klar zum Nahost-Krieg.
Der Krieg in Gaza geht weiter! Die Hoffnung, die manche hatten, dass es bald zu einem Waffenstillstad kommen würde, hat sich als eine Illussion herausgestellt. Selbst die UNO, die durch ihren Sicherheitsrat einen entsprechenden Beschluss gefasst hat, hat keinen Erfolg zu verzeichnen.

Überzeugungskämpfe

Im EU-Parlament hatten wir zu überlegen, ob und wie wir uns zu diesem Krieg in unserer „Nachbarschaft“ äußern sollten. Die Sicherheitsratsresolution war für mich eine Basis für eine entsprechende Resolution des Europäischen Parlaments. Mit Unterstützung unserer Fraktion, die ich am Montag und am Dienstag leitete, habe ich mich für eine diesbezügiche Resolution ausgesprochen und so auch die Mehrheit für einen entsprechenden „grünen“ Antrag hergestellt.
In der Folge waren noch zwei Kämpfe auszufechten. Einerseits mit einem Teil der EVP-Fraktion, die eigentlich nur eine Verurteilung der Hamas wollte, und andererseits in unserer Fraktion mit KollegInnen, die nur eine Verurteilung Israels wollten – was allerdings sicher keine Mehrheit finden würde.

Einstimmigkeit

Was die erste Auseinandersetzung betrifft, hatte ich einen lautstarken Auftritt mit dem Kollegen Elmar Brok von der CDU, mit dem ich mich im Prinzip sehr gut verstehe und der sich auch anschließned entschuldigte. Den KollegInnen der eigenen Fraktion vermittelte ich die Notwendigkeit, dass die EU mit einer Stimme sprechen sollte und dass wir ja als Institution der EU sprechen müssen und natürlich unsere eigene darüber hinaus gehende Meinung davon nicht betroffen ist.
Ich war schließlich sehr froh, dass wir eine einstimmige Verabschiedung der ausgehandelten Resolution, die von allen Fraktionen unterzeichnet wurde, erreichen konnten.

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage im Gaza-Streifen

Das Europäische Parlament ,
A. unter Hinweis darauf, dass Israel am 27. Dezember 2008 als Antwort auf die Raketenangriffe der Hamas im Süden Israels seit der Übernahme der Kontrolle im Gaza-Streifen durch die Hamas eine Militäroffensive in Gaza eingeleitet hat, nachdem der Waffenstillstand zusammengebrochen war und eine Verlängerung der Waffenstillstandsvereinbarung abgelehnt worden war,
B. unter Hinweis darauf, dass den jüngsten Berichten zufolge bei der israelischen Operation bisher etwa tausend Menschen in Gaza – viele von ihnen Frauen und Kinder – getötet worden sind, tausende Menschen verletzt wurden und darüber hinaus aufgrund des Gewalteinsatzes durch die israelische Armee Häuser, Schulen und andere wichtige zivile Infrastrukturen zerstört wurden,
C. unter Hinweis darauf, dass die Grenzübergänge nach und aus Gaza seit achtzehn Monaten geschlossen sind und dass das Embargo für die Bewegung von Personen und Waren das tägliche Leben der Einwohner beeinträchtigt und die Wirtschaft im Gaza-Streifen weiter gelähmt hat und einer wesentlichen Verbesserung der Lage im Westjordanland Grenzen gesetzt hat; in der Erwägung, dass das Embargo gegen den Gaza-Streifen eine kollektive Bestrafung darstellt, die im Widerspruch zum humanitären Völkerrecht steht,
D. in der Erwägung, dass die Verbesserung der Lebensbedingungen der Palästinenser im Gaza-Streifen und im Westjordanland, zusammen mit der Wiederbelebung des Friedensprozesses und der Errichtung von funktionierenden palästinensischen Institutionen in Gaza, einen entscheidenden Aspekt bei den Bemühungen um einen gerechten und dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern darstellt,
E. in der Erwägung, dass die beträchtliche finanzielle Unterstützung der Europäischen Union für die Palästinenser bisher eine wichtige Rolle bei den Bemühungen gespielt hat, eine humanitäre Katastrophe im Gaza-Streifen und im Westjordanland zu vermeiden; unter Hinweis darauf, dass die Europäische Union – auch über das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) – weiterhin humanitäre Unterstützung im Gaza-Streifen leistet,
1. begrüßt die Annahme der Resolution 1860 des UN-Sicherheitsrates vom 8. Januar 2009 und bedauert, dass bislang weder Israel noch die Hamas der Forderung der Vereinten Nationen nach einer Einstellung der Kampfhandlungen nachgekommen ist; fordert einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand, der die Einstellung der Raketenangriffe der Hamas auf Israel und die Beendigung der Militäraktion Israels im Gaza-Streifen einschließen sollte;
2. stimmt der in der Resolution 1860 des UN-Sicherheitsrates erhobenen Forderung zu, dass es besonders dringlich ist, Vorkehrungen und Garantien im Gaza-Streifen zu schaffen, um einen dauerhaften Waffenstillstand zu unterstützen, der einschließt, dass sich die israelische Armee zurückzieht, dass die Grenzübergangsstellen auf Dauer wieder geöffnet werden, die Blockade aufgehoben wird und dem Schmuggel bzw. dem illegalen Handel mit Waffen und Munition vorgebeugt wird;
3. fordert einen im Verhandlungswege vereinbarten Waffenstillstand, der durch einen von der internationalen Gemeinschaft unter Koordinierung des Nahost-Quartetts und der Liga der arabischen Staaten errichteten Mechanismus garantiert werden sollte, welcher die Entsendung einer multinationalen Präsenz mit einem eindeutigen Mandat einschließen könnte, um die Sicherheit wiederherzustellen und die Achtung des Waffenstillstands für die Menschen in Israel und im Gaza-Streifen zu gewährleisten, mit besonderer Schwerpunktsetzung auf der Überwachung der Grenze zwischen Ägypten und dem Gaza-Streifen, die eine wichtige Rolle für Ägypten mit sich bringt; fordert den Rat auf, seinen Druck zu verstärken, um der anhaltenden Gewalt ein Ende zu bereiten; ermutigt die bisher von der internationalen Gemeinschaft – vor allem von Ägypten und der Europäischen Union – unternommenen diplomatischen Bemühungen;
4. bekundet sein Entsetzen über das Leiden der Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen; bedauert insbesondere zutiefst, dass bei den Angriffen zivile Ziele und Einrichtungen der VN getroffen wurden, und bringt sein Mitgefühl für die von der Gewalt im Gaza-Streifen und in Südisrael betroffene Zivilbevölkerung zum Ausdruck;
5. fordert die israelischen Regierungsstellen mit Nachdruck auf, den ungehinderten Zugang für humanitäre Unterstützung und Hilfe in den Gaza-Streifen zu gewähren und einen kontinuierlichen und angemessenen Fluss der Hilfe durch die humanitären Korridore zu gewährleisten; fordert die israelischen Regierungsstellen mit Nachdruck auf, der internationalen Presse zu gestatten, die Ereignisse vor Ort zu verfolgen;
6. fordert Israel auf, seinen Verpflichtungen nach dem Völkerrecht und dem humanitären Völkerrecht nachzukommen; fordert die Hamas auf, die Raketenangriffe einzustellen und ihre eigene Verantwortung zu übernehmen, indem sie sich für einen politischen Prozess engagiert, der auf die Wiederherstellung des innerpalästinensischen Dialogs und auf einen Beitrag zum laufenden Verhandlungsprozess gerichtet ist;
7. fordert eine entschiedenere und einheitlichere politische Haltung der Europäischen Union und ersucht den Rat, die Gelegenheit zur Zusammenarbeit mit der neuen amerikanischen Regierung mit dem Ziel zu ergreifen, den Konflikt durch ein Abkommen auf der Grundlage der "Zwei-Staaten"-Lösung zu beenden mit dem Ziel, eine friedliche neue regionale Sicherheitsstruktur im Nahen Osten aufzubauen;
8. unterstreicht die große Bedeutung einer Erneuerung der Bemühungen um die innerpalästinensische Wiederaussöhnung zwischen allen Teilen der palästinensischen Gesellschaft auf der Grundlage der Vereinbarung von Mekka vom 8. Februar 2007, mit der die früheren Vereinbarungen – einschließlich des Existenzrechts Israels – akzeptiert wurden; unterstreicht in diesem Zusammenhang die große Bedeutung einer ständigen geografischen Verbindung zwischen dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland sowie der friedlichen und dauerhaften politischen Wiedervereinigung beider Teile;
9. unterstreicht, dass nur wirkliche Fortschritte hin zum Frieden und eine beträchtliche Verbesserung der Lage vor Ort im Westjordanland und im Gaza-Streifen die Legitimität der Palästinensischen Autonomiebehörde stärken können;
10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Hohen Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Gesandten des Nahost-Quartetts, dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, dem Palästinensischen Legislativrat, der israelischen Regierung, der Knesset, der ägyptischen Regierung und dem ägyptischen Parlament sowie dem Generalsekretär der Liga der arabischen Staaten zu übermitteln.

Straßburg, 15.1.2009