Griechenland und kein Ende?

athenImmer wieder werde ich gefragt, warum man Griechenland helfen solle und ob wir jemals unser Geld wieder sehen werden.

Die Lage in Griechenland und unsere verzweifelte Suche nach einer nachhaltigen und überzeugenden Politik gegenüber diesem Land macht mit Recht vielen Menschen Sorgen. Ich möchte es mir nicht leicht machen mit meiner Antwort auf die Sorgen und Fragen vieler BürgerInnen. Aber zuerst muss ich festhalten, dass zwar die politisch Verantwortlichen in Griechenland die Hauptverantwortung tragen. Aber sie sind es nicht allein, die an der Misere schuld sind. Denn viele in der EU haben zugesehen, ohne auf die gefährlichen Entwicklungen hinzuweisen.

Natürlich kann man aus heutiger Sicht mit Recht fragen, ob es – für uns, aber auch für Griechenland – vernünftig war, das Land in die Eurozone aufzunehmen. Aber das wirkliche Problem war die mangelnde Begleitung der Politik in Griechenland nach der Aufnahme in die Euro-Zone. Und das Veto vieler Staaten, so auch Österreichs, gegen den Wunsch von Eurostat die von den Staaten gelieferten Statistiken näher zu hinterfragen und sich originäre Informationen zu holen, war auch nicht sehr klug und hilfreich. Für die heutige Situation in Griechenland tragen also Viele eine Mitverantwortung.

Das gilt auch für die Banken, die ebenso leichtsinnig gehandelt haben. Daher ist eine Beteiligung der Finanzinstitutionen, die Griechenland Geld geliehen und auch daran verdient haben, durchaus gerechtfertigt. Man spricht in diesem Zusammenhang oft von einem „haircut“, also einem Schuldennachlass, der einem Haarschnitt gleichkommt. Nun, die Kreditausfälle, die ein solcher haircut mit sich zieht, werden natürlich nicht von den Eigentümern oder Managern der Banken selbst getragen. Sie schlagen auf die anderen Kreditnehmer oder die SparerInnen zurück. Und wenn Banken neue Staatszuschüsse brauchen, dann trifft das auch den Steuerzahler. Darum muss man mit solchen Maßnahmen vorsichtig umgehen. Populistische Schlagworte sind keine geeignete Antwort. Dasselbe gilt für die Forderung, Griechenland in den Konkurs zuschicken.

Wir müssen bei solchen Empfehlungen immer an zweierlei Folgewirkungen denken. Was sind die Konsequenzen für Griechenland und was sind die direkten und indirekten Folgen für die Geberländer und deren Bevölkerung? Natürlich stimmt auch hier das Sprichwort: „Lieber ein Ende mit Schrecken als eine Schrecken ohne Ende“. Aber die Frage ist, ob es nicht ein gutes Ende geben kann, selbst wenn es jetzt viel Schrecken gibt.

Ohne längerfristige und gut durchdachte Maßnahmen wird es sicher nicht zu einem guten Ende kommen. Die derzeitigen Bedingungen für Griechenland sind weder sozial verträglich noch wirtschaftlich sinnvoll. Selbstverständlich müssen harte und schwierige Reformen in Griechenland durchgeführt werden. Daran führt kein Weg vorbei. Aber dafür braucht es auch Zeit, und die Kreditbedingungen müssen es außerdem möglich machen, aus der Schuldenfalle heraus zu kommen. Können wir uns nicht zu einer solchen maßvollen und langfristigen Politik durchringen, dann wäre es das Beste, den „Schnitt“ jetzt zu machen. Der kann in einem haircut bis zu einem totalen Schuldennachlass bestehen, in einem Staatskonkurs oder in der Abnabelung Griechenlands vom Euro.

Billig wird keine dieser Lösungen, weder für Griechenland noch für den Rest der EU, insbesondere die Gläubigerländer. Denn ein zu großer haircut bringt viele Banken in Schwierigkeiten und Bankturbulenzen schaffen eine neue Wirtschaftskrise und viele Arbeitslose. Auch ein Konkurs Griechenlands hat ähnliche Folgen für unser Finanz- und Wirtschaftssystem. Das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone bringt Griechenland Probleme, wenn die Schulden weiter in Euro zu zahlen sind. Werden sie in der neuen „abgewerteten“ Währung bezahlt, dann kommt das auch einem haircut gleich.

Bei all dem ist noch nicht berücksichtig, wie sich radikale Maßnahmen in Griechenland auf die anderen Länder auswirken würden. Viele Spekulanten werden sicher weiterziehen und es bei den nächsten Ländern versuchen. Und das ist der wesentliche Grund, warum wir versuchen sollten, eine auf längere Frist gestreckte Lösung anzupeilen, die es Griechenland – natürlich mit entsprechendem Reformdruck – möglich macht, die Schulden abzubauen und gleichzeitig das Wachstum anzukurbeln und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist sicherlich nicht leicht, aber das wäre für alle die beste Lösung.

All dies gilt es zu überlegen, wenn man ernsthaft nach einer Lösung sucht. Strache und Co aber machen sich diese Mühe nicht. Es werden billige Ressentiments bedient, die leider auch in manchen Fragen an mich mitschwingen. Und die helfen schon gar nicht. Ich meine, wir sollten sachlich bleiben und nach einer dauerhaften Lösung suchen – auch wenn es sich um komplexe Probleme handelt. Aber die immer wieder kurzfristigen Pakete, die schon nach wenigen Monaten wieder überholt waren, die können auch mich nicht überzeugen.

Abgesehen davon ist der Euro eine stabile Währung geblieben. Nicht der Euro ist also das Problem, sondern die mangelnde wirtschaftspolitische Koordination innerhalb der EU. Die gilt es eindeutig zu verbessern. Aber dabei müssen neben der Haushaltsdisziplin auch Wachstum und Beschäftigung Ziele dieser durch die EU-Kommission geleiteten Koordination sein. Sonst handelt es sich dabei nur um eine Koordination von Austerity Maßnahmen und dies kann sogar noch mehr Arbeitslosigkeit und soziale Ungleichgewichte schaffen. Und die Folge ist verständlicherweise noch mehr EU-Skepsis und Ablehnung. Damit würde ein großes Friedensprojekt zu Grunde gehen, zur Freude unserer weltweiten Konkurrenten. Und zum Nachteil der Ziele, die die EU wie kein anderer verfolgt, wie die Durchsetzung einer nachhaltigen Klimapolitik und der universellen Menschenrechte.