Im Dienst der Medizin

Mit dem neuen 7. Forschungsrahmenprogramm werden im Bereich der Umwelt- und Energieforschung, aber vor allem auch bei der Volksgesundheit neue Schwerpunkte gesetzt.
In der aktuellen Straßburgwoche haben wir eine ganze Reihe von wichtigen Themenkomplexen behandelt. Besonders zu erwähnen sind dabei das 7. Forschungsrahmenprogramm und das Atomforschungsprogramm.

EURATOM-Forschungsprogramm

Ich persönlich habe mich intensiv mit dem EURATOM-Forschungsprogramm beschäftigt. Die Frage der Kernenergieforschung ist mir wichtig genug, um nicht nur aus emotionaler Sicht eine kritische Position einzunehmen. Ich weiß auch, dass die Kernenergie bzw. die Gewinnung von Strom aus Kernspaltung nicht wegzuwischen sind. Zudem wird die Europäische Union die Forschung in der Kernspaltung bzw. in der Kernfusion in Zukunft stärker betreiben.
Bei den entsprechenden Anträgen, die ich im zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments bereits gestellt habe, ging es mir persönlich aber in erster Linie um die Frage der Sicherheit – sowohl was die Kernenergieanlagen betrifft als auch hinsichtlich der Maßnahmen der Weiterverbreitung von spaltbarem Material für militärische, also nicht-friedliche oder gar terroristische Nutzung. Das stellt ein großes Problem dar. Alles, was wir durch Forschung dazu beitragen können, den Sicherheitsaspekt zu forcieren, ist daher aus meiner Sicht immens wichtig.

Sicherheit muss im Vordergrund stehen

Der zuständige Berichterstatter des Europäischen Parlament, der frühere polnische Premierminister Jerzy Buzek, hat meine Zugangsweise aufgegriffen – für mich allerdings nicht stark genug. Gestört hat mich außerdem die Informationspolitik, die in seinem Bericht skizziert wird. Sie balanciert die Pros und Contras aus meiner Sicht nicht genügend aus und geht zu wenig auf die Frage der Endlagerung, die einen wichtigen Sicherheitsaspekt darstellt, ein.
Der Berichterstatter fordert vielmehr eine Informationspolitik, die die Atomenergie tendenziell fördert und unterstützt. Ich kann nachvollziehen, dass einzelne das wollen. Mein Ziel sieht aber anders aus. Ich möchte ganz eindeutig den Sicherheitsaspekt in den Vordergrund rücken. Und aus diesem Grund muss auch die Risikofrage, insbesondere in Zusammenhang mit der Lagerung der verseuchten Materialien, etc. angesprochen werden. Deshalb habe ich zwar einzelnen Punkten des EURATOM-Berichtes zugestimmt, habe aber den Gesetzesvorschlag insgesamt letztendlich abgelehnt – wie auch meine KollegInnen aus der Sozialdemokratischen Partei, die ich zuvor gebeten hatte, das zu tun bzw. die ohnehin nicht zustimmen wollten.

7. Forschungsrahmenprogramm

Dem eigentlichen 7. Forschungsrahmenprogramm habe ich hingegen meine Zustimmung gegeben. Ich finde es richtig, dass gerade im Bereich der Umwelt- und Energieforschung, aber vor allem auch bei der Volksgesundheit neue Schwerpunkte gesetzt worden sind. Das Parlament hat außerdem die Frage der Forschung durch Klein- und Mittelbetriebe finanziell besser ausgestattet. Derartigen Schwerpunktsetzungen stimme ich gerne zu.
Dass insgesamt zu wenig finanzielle Mittel vorhanden sind, hängt mit der Budgetsituation insgesamt sowie mit der mangelnden Bereitschaft seitens der Regierungschefs, mehr Geld für die Forschung aufzubringen, zusammen. Und trotzdem: Die Forschung ist – in Relation zum Gesamtbudget – ein finanziell passabel ausgestatteter Bereich.

Embryonale Stammzellenforschung

Ein strittiger Punkt war die so genannte Stammzellenforschung, in erster Linie die embryonale Stammzellenforschung. Aus meinen Recherchen hat sich ergeben, dass die adulte Stammzellenforschung, also die Forschung mit Stammzellen von Erwachsenen, nicht – zumindest noch nicht – genügend Qualität bietet, um in der Forschung von äußerst komplexen und schwierigen Krankheiten wie etwa Parkinson sowie in der Erforschung von Heilmethoden ausreichendes Material zu liefen.
Die embryonale Stammzellenforschung hat hier hingegen gewisse Vorteile. Sie sollte daher aus meiner Sicht im Interesse der Gesundheit auch betrieben werden. Es gibt dazu auch völlig konträre Meinungen – vor allem aus dem katholisch-konservativen Lager, aber auch aus sozialdemokratischen und insbesondere grünen Reihen. Der Kompromiss, den wir im Europäischen Parlament und gefunden haben und der schließlich eine klare – wenn auch nicht überwältigende – Mehrheit bekommen hat, geht in folgende Richtung: Förderung für embryonale Stammzellenforschung ist – unter genauer Beobachtung und Wahrung der ethischen Standpunkte und mit einer klaren gesundheitspolitischen Zielrichtung – möglich, und zwar nur in jenen Ländern, in denen eine derartige Forschung auch gesetzlich zulässig ist.

Vernünftiger Kompromiss

Dieser Kompromiss ist aus meiner Sicht relativ vernünftig. Es wird uns nicht gelingen, die unterschiedlichen ethischen Standpunkte auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber all jenen Recht geben, die meinen, dass nicht nur diejenigen, die die embryonale Stammzellenforschung ablehnen, einen ethischen Standpunkt vertreten, sondern auch diejenigen, die für diese Form der Forschung stehen.
Denn klar ist auch – und das wurde durch dieses Gesetz neuerlich bestätigt -, dass ein Klonen bzw. das Herstellen von Embryonen zum Zweck der Forschung strikt untersagt ist. Es können demnach ausschließlich Embryonen verwendet werden, die im Rahmen der künstlichen Befruchtung entstehen und ohnedies vernichtet werden würden. Nur dürfen sie jetzt vor der Vernichtung auch für medizinische Forschungszwecke herangezogen werden.

Spannende Energiefrage

Am Rande der Plenarsitzung im Europäischen Parlament hatte Mittwochmittags eine Diskussion mit Energiekommissar Piebalgs stattgefunden. Es nahm daran jene Gruppe von sozialdemokratischen KollegInnen teil, die sich besonders intensiv mit Energiefragen und der Ausarbeitung eines Energiepositionspapiers beschäftigt.
Schon in der Woche zuvor hatte zu den verschiedenen Energieaspekten ein interessantes Hearing stattgefunden. Eine Podiumsdiskussion, an der ein Vertreter von British Petrol, ein Experte der Wettbewerbspolitik in Zusammenhang mit der Energie und der russische Botschafter teilnahmen, hatte ich selbst geleitet. Die Debatte war äußerst spannend und hat gezeigt, wie schwierig und zugleich wichtig es ist, diese Fragen in Angriff zu nehmen. Ein zweites Podium war von Kollege Robert Goebbels geleitet worden. Hier ging es um alternative Energieformen und Energieeffizienz. Je tiefer ich mich das Energiethema einarbeite, desto spannender wird es für mich und desto wichtiger erachte ich es, dass wir eine gemeinsame europäische Energiepolitik entwickeln.

Straßburg, 15.6.2006