Im Dienste des Konsumenten

Durch eine Vielfalt des Angebotes und den Abbau nationalstaatlicher Hemmnisse soll auf europäischer Ebene eine konsumentenfreundlichere Leistungsvielfalt garantiert werden. 
Gestern Abend gab es einen so genannten Triolg zu unserem Eisenbahnpaket: ein Gespräch zwischen dem Rat, vertreten durch den Minister des derzeit den EU-Vorsitz führenden Landes Frankreich, der Kommission, vertreten durch die zuständige Kommissarin Loyola de Palacio sowie dem Parlament, vertreten durch unseren Vizepräsidenten Imbeni sowie die beiden Berichterstatter, Jarzembovski und meine Person.

Teilerfolg bei Eisenbahnreform

Bei der formellen Sitzung am Abend im alten Bürogebäude des Parlaments kamen wir nicht sehr viel weiter, auch wenn de Palacio einige Angebote vor allem hinsichtlich der Zusage der Kommission, nach Abschluss dieses Eisenbahnpakets neue Liberalisierungsschritte für den innerstaatlichen Güterverkehr und den Personenverkehr vorzuschlagen, gemacht hat. Das ist ja alles lieb und nett, aber ich verstehe nicht, warum man nicht bereits jetzt – mit späteren Beginndaten – diese Reformschritte festlegen kann. Jetzt, wo wir miteinander sprechen und verhandeln und das Parlament durchaus realistische Vorschläge gemacht hat.

Am Ende des Gespräches gegen 21.00 Uhr lud uns der Minister schließlich zu einem Essen ein, bei dem wir weiter diskutieren sollten. Es war bereits fast Mitternacht, als es schließlich zu gewissen Lockerungen in der starren Haltung des Ratsvorsitzenden gekommen ist. Wir haben dadurch erreicht, dass über alle Fragen verhandelt und gesprochen werden kann. Dass das Paket doch so abgeschlossen wird, dass es nächste Reformschritte geben wird müssen und dass Hoffnung besteht, bei unseren nächsten Gesprächen über konkrete Formulierungen zu sprechen.

Mühsames Verfahren

Die Geprächsrunde des Trilogs ist ein mühsames Verfahren. Es geht dabei sicher konzentrierter zu als im grossen Vermittlungsverfahren, bei dem alle 15 Länder und 15 Parlamentarier präsent sind. Die Schwierigkeit liegt dabei nicht so sehr bei uns im Parlament, vor allem deshalb nicht, weil die beiden Berichterstatter in diesem Fall die zwei großen Fraktionen des Europäischen Parlaments repräsentieren. Die Schwierigkeiten sind vielmehr auf Seiten des Rates gegeben, wo 15 verschiedene Länder überzeugt werden müssen, dass sie von einem Kompromiss, den die Minister untereinander im Dezember vorigen Jahres gefunden haben, wieder abgehen und nun einen Kompromiss mit den Parlament finden müssen. Gerade im Fall des Eisenbahnverkehrs konnte der Kompromiss des Rates nur durch viele nationale Ausnahmeregelungen gefunden werden. Wenn wir uns einen europäischen Rahmen setzen wollen, kann dieser jedenfalls nicht von vornherein und auf unbegrenzte Zeit durch nationale Ausnahmen durchlöchert sein.

Störfaktor Grossbritannien

Man wird sehen, ob wir mit strengeren und begrenzteren Übergangsregelungen und -fristen auskommen werden, die letztendlich zu einer gemeinsamen Rahmenordnung für das europäische Eisenbahnwesen führen. Natürlich sind die verschiedenen Unfälle bei den liberalisierten Eisenbahnen in Grossbritannien, die gerade in den letzte Tagen Schlagzeilen gemacht haben, ein gewisser Störfaktor in der laufenden Diskussion, weil dadurch die Liberalisierung generell abgelehnt wird. In Grossbritannien ist allerdings die Liberalisierung zum Teil auch von einer Privatisierung begleitet worden. Überhapss, ohne ausreichende Kontrollen, ohne Anreize bzw. Zwnag, dass genügend Investitionen besonders auf dem Gebiet der Sicherheit getätigt wurden.
Die Art und Weise, wie diese Privatisierung in Grossbritannien von der konservativen Regierung vorgenommen worden ist, ist jedenfalls dem Gedanken der Liberalisierung und der Marktöffnung schädlich gewesen. Wer Reformen aus einem ideologischen Moment heraus macht und nicht, um eine bessere konsumentenfreundliche Lösung anzubieten, der fügt nicht nur im Einzelfall, sondern in Hinblick auf die generelle Neugestaltung der Leistungsangebote für die Öffentlichkeit der Idee grossen Schaden zu.

Abkehr vom alten, nationalistischen Trott

Es geht ja nicht darum zu verhindern, dass es öffentliche, staatliche Leistungen und eine öffentliche politische Verantwortung gibt, sondern darum, durch eine Vielfalt des Angebotes und den Abbau nationalstaatlicher Hemmnisse eine konsumentenfreundlichere Leistungsvielfalt auf europäischer Ebene – für die Passagiere bzw. die Unternehmer, die Güter transportieren möchten – zu schaffen. Daher müssen Schritte der Liberalisierung, der Marktöffnung das Entstehen von neuen Monopolen, von Unterinvestition und mangelnder Sicherheit verhindern. 
Strassburg, 25.10.2000