Konsumentenschutz hat gesiegt

Die Abstimmung im Industrieausschuss des Europäischen Parlaments über die Regulierung der Roaming-Gebühren in der EU hat ein klares Ergebnis mit dem Ziel einer deutlichen Senkung der Auslandsroaming-Tarife gebracht – wenngleich ich selbst eine etwas höhere Gebührenobergrenze vorgeschlagen habe.
In der Woche nach Ostern haben wir im Ausschuss für Industrie- und Energiepolitik über die sogenannten Roaminggebühren abgestimmt.

Nachvollziehbare Logik

Beim Auslandsroaming handelt es sich um das Einklinken eines Bürgers/einer Bürgerin, der/die mit dem eigenen Heimatland oder einem anderem Land telefonieren möchte und dafür auch entsprechende Gebühren bezahlen muss. Seien es TouristInnen, Geschäftsleute oder StudentInnen: Wer immer sich in einem Land aufhält, das nicht das Ursprungsland seines ursprünglichen Telefonnetzes ist, muss für das Telefonieren ein Netz des Aufenthaltslandes benützen – was als das Roaming bezeichnet wird – und dafür auch entsprechende Gebühren bezahlen.
Diese Gebühren, so hat die Kommission festgestellt, sind allerdings unangemessen hoch und widersprechen dem Grundsatz, dass man in einem gemeinsamen Europa die nationalen Grenzen eigentlich nicht bzw. nicht so stark anerkennen sollte. Damit wären auch derart hohe Gebühren nicht gerechtfertigt. Das ist eine nachvollziehbare Logik, und ich kann mich dieser Einschätzung nur anschließen.

Argument und Gegenargument

Auf der anderen Seite besteht allerdings das Problem, dass die Roaminggebühren einen unterschiedlichen Beitrag zur Gesamteinnahmensituation darstellen – je nach dem, ob sich im jeweiligen Land, in dem die Roaminggebühren zu bezahlen sind, sehr viele „ausländische“ EuropäerInnen aufhalten, wie etwa in der Tourismussaison, oder nicht. Die österreichischen Unternehmungen haben wahrscheinlich nicht zu Unrecht argumentiert, dass die Roaminggebühren einen hohen Einnahmenanteil ausmachen und es indirekt ermöglichen, niedrige Gebühren für die einheimischen KonsumentInnen, die nur bzw. hauptsächlich im Inland telefonieren, beizubehalten.
Eindeutige Belege für diese Argumentation gibt es allerdings nicht – weder in Österreich noch in Europa insgesamt. Man kann zudem entgegenhalten, und das habe ich medial auch getan, dass entsprechend niedrige Auslands-Roaminggebühren auch die innereuropäischen AusländerInnen, zum Beispiel die TouristInnen, die nach Österreich kommen, dazu anleiten würden, mehr zu telefonieren.

Verhandlungen mit dem Rat

Ich habe mich letztendlich entschlossen, dem Entwurf unseres Berichterstatters grundsätzlich zuzustimmen. Trotzdem habe ich für etwas höhere Roaminggebühren gestimmt, um den österreichischen Anliegen entsprechend entgegenzukommen. Die Fraktion wie letztendlich auch die Mehrheit im Europäischen Parlament hat sich hingegen für niedrigere Roaminggebühren eingesetzt und sich dadurch eher auf die Seite der KonsumentInnen gestellt.
Nunmehr beginnen die Verhandlungen mit dem Rat. Dort sind auch jene Länder vertreten, die die Argumente der österreichischen Telekom-Unternehmungen stärker unterstützen. Es ist davon auszugehen, dass es im Rat zu einem entsprechenden Kompromiss kommen wird, der in Richtung meines ursprünglichen Antrages geht.

Opting out-Variante

Ein zweiter Aspekt, der mich in diesem Zusammenhang beschäftigt hat, ist die Frage, ob die neuen Roaminggebühren automatisch in Kraft treten oder ob die KonsumentInnen sich nach eingehender Information selbst für das Roamingpaket entscheiden sollen. Nach den Gesprächen mit den österreichischen Unternehmungen habe ich zunächst dazu tendiert, dass wir den selbstständigen Konsumenten im Auge haben sollten, der seine eigene Entscheidung darüber trifft, ob er auf die niedrigen Roaminggebühren umsteigt oder ein anderes Paket bevorzugt, bei dem die Auslandsgebühren etwas höher sind, das aber andere Vorteile bietet.
Zu guter Letzt habe ich mich doch für die Opting out-Lösung entschieden. Jene Konsumenten, die nicht den Normalfall der niedrigen Gebühren, also des Eurotarifs, wählen, sondern eine andere Tarifkombination, die angeboten wird, müssen sich gegen die niedrige Auslandsgebühr entscheiden. Es wäre einfach unfair, dass gerade jene, die die Medienberichte und andere Informationsquellen nicht so intensiv verfolgen, benachteiligt werden und letztendlich höhere Roaminggebühren zu bezahlen hätten.

Für und wider

Natürlich könnte man es sich einerseits leicht machen und fordern, dass jene, die aus dem Ausland nach Österreich kommen, höhere Gebühren zahlen sollen. Andererseits gibt es aber auch viele ÖsterreicherInnen, die ins Ausland fahren und dort ihrerseits von den hohen Roaminggebühren betroffen wären. Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass ein gewisser Automatismus, bei dem alle Betroffenen niedrigere Tarife bezahlen, eine gute Lösung wäre. Sollte es andere attraktive Angebote geben, dann obliegt es den einzelnen Telefongesellschaften, ihre KundInnen darüber zu informieren und sie zu animieren, auf andere Pakete umzusteigen.
Für mich steht jedenfalls fest: Wenn die Europäische Union eine entsprechende Regelung trifft, dann sollte diese Regelung auch automatisch gelten. Und zwar mit dem Opting out-Prinzip, also der Möglichkeit für die KonsumentInnen, mit einem Unternehmen eine Vereinbarung zu treffen, um eine bessere Lösung zu erzielen. Zugegeben, anfänglich bin ich eher skeptisch gewesen, ob wir uns in dieser Frage als Europäisches Parlament derart intensiv einschalten sollten. Letztendlich haben mich aber jene Argumente, die auch von österreichischen Unternehmen vorgebracht worden sind, nicht sonderlich überzeugt.

Kompensation

Ich gehe davon aus, dass zu erwartende Anfangsschwierigkeiten für österreichische wie auch für Unternehmen anderer Länder, in denen der Tourismus eine große Rolle spielt, bei entsprechender Bewerbung kompensiert werden können, wenn es zu zusätzlichen Telefonaten kommt. Und das würde letztendlich für die KonsumentInnen Vorteile bringen und den Unternehmen kaum zum Nachteil gereichen.

Brüssel, 12.4.2007