Lobbying für Israel

Außenminister Shimon Peres wirbt im Europäischen Parlament in Strassburg für den israelischen Standpunkt.
Gestern war Shimon Peres zu Besuch im Europäischen Parlament in Strassburg. Sein Auftritt war naturgemäß mit der „Werbung“ für den israelischen Standpunkt verbunden.
Wenngleich es von palästinensischer Seite viel schwieriger ist, zu reisen, wären ähnliche Besuche sehr willkommen, ja geradezu notwendig, um den palästinensischen Standpunkt darzulegen. Aber von dieser Seite wird die Notwendigkeit, für die eigenen Anliegen um Verständnis zu werben, sträflich vernachlässigt. Kein Leid und kein Anliegen, auch nicht jene der Palästinenser, wirken von alleine. Eine ehrliche und überzeugende Argumentation ist immer als „Begleitung“ notwendig.

Rechenschaftsbericht

War nun die Argumentation von Shimon Peres, als er zum Beispiel vor uns in der Sozialdemokratischen Fraktion auftrat, ehrlich und überzeugend? Ich kann jedenfalls dem israelischen Außenminister, den ich schon öfters in Regierungs- wie Oppositionszeiten getroffen habe, seine Redlichkeit und seinen Willen zum Frieden nicht absprechen. Dennoch schmerzt es mich und viele andere, dass er Außenminister der Regierung Sharon ist. Zugegeben, es mag noch schlimmere israelische Extremisten geben, aber das spricht nicht gerade für das politische Spektrum im heutigen Israel.
Peres schilderte lang und ausführlich, warum er in der jetzigen Regierung tätig ist – und zwar so ausführlich, dass nur mehr für drei Fragen aus der Fraktion Zeit blieb. Eine davon kam von mir: Ob und wie kann es in nächster Zeit auf palästinensischer Seite Wahlen geben? Peres antwortete, Wahlen seien nicht so wichtig, entscheidend wären Reformen auf palästinensischer Seite, etwa durch die Position eines Ministerpräsidenten als Gegengewicht zu Arafat, durch mehr Transparenz und aktive Demokratie, etc.

Weiterhin kein Frieden in Sicht

In diesem Punkt stimme ich mit Peres überein. Dieses Argument darf allerdings nicht dafür herhalten, um die Palästinenser weiterhin unter massiver Besetzung zu halten. Im Übrigen haben die Reformen, wie der jüngste Besuch des palästinensischen Finanzministers gezeigt hat, bereits wesentliche Fortschritte gemacht.
Für den Friedensprozess als solches gilt das allerdings nicht – hier mangelt es noch auf beiden Seiten. Ein verzweifelt um Frieden und seinen Ruf kämpfender Shimon Peres ist dafür zu wenig!

Postskriptum

Inzwischen (4. November 2002) ist Shimon Peres nicht mehr Außenminster. Wenige Tage nach seiner Argumentation für ein Verbleiben in der Regierung Sharon konnte die Labour Patry die Koalition nicht mehr unterstützen. Die erhöhte Förderung der Siedler, die einen Stachel im Fleisch eines möglichen palästinensischen Staates darstellt, konnte von der israelischen Arbeiterpartei nicht mitgetragen werden.
Nun ist ein wirklicher Hardliner, Benjamin Netanjahu, Außenminister – jedenfalls bis zu den Wahlen. Und das bedeuetet keine guten Aussichten für den Frieden im Nahen Osten. 
Strassburg, 23.10.2002