Partnerschaft mit Russland

P1010078Russland ist für die EU einer der wichtigsten Partner, aber es ist auch einer der schwierigsten Partner, die wir haben. Und deshalb brauchen wir für den Dialog mit Russland eine klare, pragmatische, aber feste Haltung. Wir brauchen weder ideologische Gegnerschaft noch vorauseilenden Gehorsam. Und dieser Dialog muss sowohl die Gespräche mit den gewählten Vertretern umfassen als auch Gespräche mit der Zivilgesellschaft, die uns in Fragen der Demokratie und der Menschenrechte oft näher stehen.

Modernisierungspartnerschaft

Die Idee einer Modernisierungspartnerschaft ist eine gute. Wir wollen und sollen Russland bei der Modernisierung seiner Wirtschaft und seiner Gesellschaft helfen. Aber Russland muss sich vor allem selber helfen. Es braucht weniger Bürokratie und weniger Korruption, sollen auch ausländische Investoren und ihr Know how angezogen werden. Es bedarf vor allem auch der Rechtssicherheit. Nach wie vor hören wir viele Klagen über Rechtsunsicherheit, vor allem auch hinsichtlich Steuerfragen seitens ausländischer Investoren.

Energiepartnerschaft

Sicherheit benötigen wir auch im Energiesektor. Aus diesem Grund brauchen wir auch Russlands verbindliches Bekenntnis zu den Grundsätzen einer transparenten und fairen Energiepolitik und vor allem zur Sicherheit der Energieversorgung. Und was sie Modernisierung des Energiesektors betrifft, so gibt es einen großen Spielraum für die Steigerung der Energieeffizienz. Und das wäre zugleich ein entscheidender Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels.

Wir laden Russland aber auch ein, gemeinsam mit der EU und der Ukraine eine enge und faire Energiepartnerschaft zu entwickeln. In diesem Zusammenhang bedaure ich es besonders, dass Russland Energie und vor allem den Energiepreis wieder als politische Waffe zu verwenden scheint. Wir unterstützen voll die Entscheidungsfreiheit der Ukraine und beantworten den Wunsch, sich wirtschaftlich und politisch enger an die EU zu binden, positiv. Und wir erwarten, dass auch Russland diesen Wunsch respektiert – und zwar ohne Druck und Erpressungsversuch.

Konfliktlösungen in der Nachbarschaft

Generell erwarten wir von Russland den vollen Respekt der Unabhängigkeit und Souveränität unserer gemeinsamen Nachbarn. Vor allem erwarten wir auch die Umsetzung aller Vereinbarungen, zum Beispiel auch den Rückzug der Truppen aus den besetzten Gebieten in Georgien auf den Vor-Konflikt-Status. Und wir wünschen uns einen positiven Beitrag zur Konfliktlösung bezüglich Nagorno Karabach. Waffenlieferungen, die den Konflikt anheizen, sind jedenfalls das Gegenteil einer Politik der Konfliktlösung.

Es geht aber beim Russlandgipfel nicht nur um hohe Politik, sondern auch um die zwischenmenschlichen Beziehungen. Deshalb wünschen wir uns Fortschritte bei der Visaliberalisierung. Weitere Erleichterungen bei gegenseitigen Besuchen könnten wesentlich dazu beitragen, sich besser zu verstehen und Ängste sowie Vorurteile abzubauen.

Reif für die Demokratie

Die nächsten Monate werden durch Vorbereitungen auf die Wahlen gekennzeichnet sein. Wir erwarten eine freie und faire Registrierung aller KandidatInnen ohne Diskriminierung und Einschüchterung. Das würde auch den notwendigen Demokratisierungsprozess voranbringen. Auch wenn Russland noch viel für seine wirtschaftliche Entwicklung machen muss, ist es reif für demokratischen Wettbewerb und auch eine faire Berichterstattung darüber.

Würden die russischen Behörden mit klaren Signalen von der politischen Spitze ausgestattet in diese Richtung vorgehen, könnten sie wesentlich zur Verbesserung des Images ihres Landes beitragen. Hoffentlich wollen sie dies auch.

Straßburg, 8.6.2011