Präsentation des „Meisters“

Frankreichs Präsident Sarkozy präsentierte in der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause das Programm der französischen Präsidentschaft.
Die letzte Plenarwoche vor dem Sommer hatte als Höhepunkt die Präsentation des Arbeitsprogramms der französischen Präsidentschaft.

Kraftvoller Konservativer

Der „Meister“ persönlich, also Präsident Sarkozy, präsentierte das Programm. Es war ein eindeutiges Bekenntnis zu Europa, mit klaren Worten und starker, überzeugender Stimme vorgetragen. Ich meinte zu meinen KollegInnen nach dieser Rede: „Jetzt ist mir klar, warum die Mehrheit der Franzosen Sarkozy zum Präsidenten gewählt hat.“
Die Art, wie er seine Rede gehalten und wie er auf alle RednerInnen in seinen Zwischen- und Schlussantworten eingegangen ist, war äußerst professionell. Überrascht haben mich auch seine Detailkenntnisse. Natürlich war ich nicht von allen seinen Positionen überzeugt, insbesondere nicht von der Tatsache, dass das Soziale nur unter „ferner liefen“ zur Erwähnung kam. Aber Sarkozy ist und bleibt ein Konservativer – allerdings einer mit Kraft und klaren Vorstellungen.

Mittelmeer-Union

Eine Idee, die Sarkozy Mitte Juli verwirklicht hat, ist die Gründung einer „Union für das Mittelmeer“. Natürlich steckt auch dahinter französisches Eigeninteresse. Aber jenseits von diesen Partikularinteressen ist es höchst an der Zeit, die gemeinsamen Interessen der beiden Seiten des Mittelmeers zu artikulieren und für unsere gemeinsamen Probleme auch gemeinsame Lösungen zu finden. Geschichtlich waren ja die Länder des Mittelmeerraumes immer eng miteinander verknüpft – und sei es durch Konflikte und Kriege. Die wollen und brauchen wir nicht mehr. Jetzt geht es um eine gemeinsame Herangehensweise an die Lösung von Konflikten und an die großen Herausforderungen unserer Zeit: Migration, Energieversorgung, Umweltfragen, insbesondere Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts im Mittelmeer, Schifffahrtsprobleme inklusive der wiedererstandenen Piraterie, etc.
Ich kann nur hoffen, dass solche, noch dazu problematischen, Sonderinteressen wie der Verkauf französischen Nukleartechnologien bald in den Hintergrund treten werden und dass die überragenden Interessen der gesamten Region und damit ganz Europas im Mittelpunkt der Betrachtungen der Mittelmeerunion stehen werden. Eine funktionierende Mittelmeerunion kann die globale Stellung und Bedeutung Europas wesentlich verbessern und damit die Durchsetzungswahrscheinlichkeit europäischer Interessen erhöhen.

Kluger Schachzug

Neben Präsident Sarkozy sind es vor allem zwei Minister, mit denen wir es im Europäischen Parlament zu tun haben: Außenminister Bernhard Kouchner und Europaminister Jouyet. Beide gehören bzw. gehörten der französischen Sozialistischen Partei an. Es war ein geschickter Schachzug, diese und noch einige andere Persönlichkeiten aus dem linken Lager in die Regierung zu holen. Dabei ist Kouchner ein besonderes Kaliber. Er war Mitbegründer der „Ärzte ohne Grenzen“, war Hoher Beauftragter im Kosovo und ist ein bekannter Vertreter der „humanitären Interventionen“ seitens der Internationalen Gemeinschaft. In seiner neuen Position allerdings muss er vorsichtiger und diplomatischer umgehen, was seine links-grünen Freunde nicht gerne sehen.
Am Beispiel des von diesen geforderten Olympiaboykotts in China war das deutlich zu sehen. So kritisierte Daniel Cohn Bendit Präsident Sarkozy im Parlament äußerst scharf für dessen Absicht, an der Eröffnungszeremonie in Peking teilzunehmen. Wenige Tage später übermittelte er jenem eine Liste von chinesischen Gefangenen, für die sich Sarkozy bei seinem Chinabesuch einsetzen solle. Also macht es doch Sinn, wenn westliche Regierungsvertreter an diesem für alle Chinesen so wichtigen Ereignis teilnehmen. Die Menschenrechte ernst zu nehmen, bedeutet eben mehr als von Außen zu protestieren.

Straßburg, 10.7.2008