USA V: Rechtsruck

5245795759_f10bf8efec_oIm Rahmen einer Diskussionsrunde während unseres Treffens, das sich offiziell Transatlantic Legislators Dialog nennt, ging es auch um die Änderungen nach den letzten Wahlen. Die Demokraten fragen sich auch heute noch, warum sie verloren haben und warum so viele Leute gegen ihre Interessen gewählt haben. Bedenkt man, was Obama für viele getan hat – von der Gesundheitsreform bis zur Stimulierung der Wirtschaft – dann muss man sich wundern, warum das nicht den Demokraten geholfen hat.

Die Tea Party-Clique

Aber anscheinend hat die Propaganda von rechts, insbesondere seitens der Tea Party-Leute, gezogen. Die ohnedies vorhandene Skepsis gegen „Big Government“ und gegen ein wachsendes Budgetdefizit konnte von den Rechten gut genützt werden. Hinzu kam das Gefühl, dass Amerika wieder eine größere Rolle spielen muss. Besonders allerdings hat die Menschen die Hilfe für die Banken nach der Finanzmarktkrise geärgert. Und dann noch die Hilflosigkeit gegenüber den Bonuszahlungen. Gleichzeitig ist die Arbeitslosigkeit nicht zurückgegangen. Vieles war durch Obama kaum zu beeinflussen, aber sicher hat er übersehen, dass die Leute von ihm mehr erwarteten. Und wahrscheinlich hätte er auch manche starke Worte der Kritik an den Finanzhaien finden müssen. Jedenfalls sollten wir auch in Europa die Wahlergebnissee genauer beobachten und analysieren. Vielleicht können wir daraus lernen.

Auf meine Frage hin, wie das Verhältnis zwischen den Tea Party-Leuten und den traditionellen Republikanern sein wird, meinte der zukünftige Vorsitzende unseres gemischten Ausschusses von der US-Seite, dass man erst sehen wird, wie sich das entwickeln wird. Klar ist, dass die Republikaner weitgehend den Vorstellungen der Tea Party-Mitglieder folgen werden müssen, soll eine Abspaltung und damit eine separate Partei vermieden werden. Es ist zu erwarten, dass die hinter diesen Leuten stehende „grassroots-Bewegung“ einen entsprechenden Einfluss auf ihre Anhänger nehmen wird.

Der rassistische Faktor

Was nun die Demokraten betrifft, so ist die Anzahl der moderaten Abgeordneten unter ihnen nach den Wahlen deutlich zurückgegangen. Einer von Ihnen meinte, nun sei er eine Minderheit in der Minderheit. Auch auf der republikanischen Seite sind viele Moderate durchgefallen, so dass jetzt eher die „Radikalen“ dominieren. Eine schwarze Demokratin meinte, dass wir nicht herumreden sollten, bei der Tea Party spielte vor allem auch der rassistische Faktor eine große Rolle. Es ginge auch um einen Kampf gegen einen schwarzen Präsidenten. Daher wird es sehr schwierig sein, den notwendigen Konsens zu finden. Im Übrigen: Viele von ihnen haben keine Ahnung von Europa und wollen sich auch gar nicht bemühen, mehr über Europa zu wissen…

San Francisco, 3.12. 2010