Sieg der Vernunft

Ein informeller EU-Ausschuss wird die Aktivitäten der kroatischen Regierung in Sachen Gotovina begleiten und beobachten.
Am Tag der Entscheidung bzw. Nichtentscheidung eines Verhandlungstermins durch die EU-Außenminister – dem 17. März – war der kroatische Ministerpräsident Sanader überraschend ins Europäische Parlament gekommen. In einem Vieraugengespräch erörterten wir die Möglichkeit, in der Osterwoche an die Sitzung der Staats- und Regierungschefs zu appellieren, um doch noch einen baldigen Verhandlungsbeginn zu erreichen. Ich versprach in diesem Sinne aktiv zu sein und davon auch meine KollegInnen zu überzeugen.

Sanader im EU-Parlament

Die erste Gelegenheit dazu ergab sich in der Nachmittagssitzung des Außenpolitischen Ausschusses. Ministerpräsident Sanader nahm ebenfalls daran teil. Einige KollegInnen von der rechten Seite wollten unmittelbar eine bedingungslose Sympathieerklärung für die kroatische Regierung abgeben. Andere unterstützten den Aufschub der Entscheidung durch die Außenminister, den diese vor wenigen Stunden beschlossen haben, voll. Zum Teil liefen die Trennlinien zwischen diesen beiden Standpunkten quer durch die Fraktionen.

Informeller EU-Ausschuss

Als Berichterstatter schlug ich vor, eine Idee Sanaders aufzugreifen und die Aktivitäten der kroatischen Regierung in Sachen Gotovina durch einen informellen EU-Ausschuss begleiten und beobachten zu lassen. Nur so könnte festgestellt werden, ob die kroatische Regierung alles unternimmt, um General Gotovina ausfindig zu machen und vor das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu bringen oder nicht. Der Ausschuss stimmte mit großer Mehrheit zu, dass der Vorsitzende unseres Ausschusses, Elmar Brok, und ich selbst diesen Brief an den Rat schicken sollen.
Nach meinem privaten Indienaufenthalt bin ich sehr froh, dass die Staats- und Regierungschefs genau das beschlossen haben. Und so kam man Kroatien entgegen, ohne auf das Ziel der vollen Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal zu verzichten. Ein Sieg der Vernunft!

COMMITTEE ON FOREIGN AFFAIRS/THE CHAIRMAN

Herrn Jean Asselborn, Präsident des Rates der Europäischen Union

175, Rue de la Loi, B-1048 Bruxelles

Ref. D (2005)13897

Sehr geehrter Herr Präsident,

der Auswärtige Ausschuss des Europäischen Parlaments unterstützt voll die Notwendigkeit aller Länder der Region Südosteuropas mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusammenzuarbeiten. Aufgrund der Reformmaßnahmen der kroatischen Regierung und des Parlaments sollte der Rat einen Weg finden, sobald als möglich die Verhandlungen zu beginnen.

Um die volle Kooperation Kroatiens mit dem Strafgerichtshof zu garantieren, sollte sofort ein „monitoring committee“ der EU eingesetzt werden.

Im Falle, dass dieses Komitee zum Ergebnis kommt, dass es keine sinnvolle Zusammenarbeit gibt, könnten die Verhandlungen nicht begonnen werden bzw. müssten die schon begonnenen Verhandlungen unterbrochen werden.
Hochachtungsvoll
Elmar Brok e.h., Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses
Hannes Swoboda e.h., Berichterstatter


Wien, 28.3.2005