Und immer wieder: Die Wirtschaftskrise

Einzelstaatliche Gesetze machen angesichts der europäischen globalen Verflechtungen keinen Sinn. Europa muss neue Regelungen beschließen und sich dabei international vor allem mit den USA absprechen.
Selbstverständlich beschäftigen wir uns auch im Parlament ausführlich mit den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise, weil wir auch entsprechende budgetäre Maßnahmen zur Bekämpfung der bestehenden und neuen europaweiten Regelungen zur Verhinderung ähnlicher Krisen in Zukunft zu beschließen haben.
Gravierender Systemfehler
Über die Ursachen der Finanzkrise ist schon viel geschrieben worden und wird noch viel geschrieben werden. Zwei Dinge scheinen mir allerdings vor allem in Verbindung miteinander klar zu sein. Einerseits die Suche nach immer höheren Profiten, die im Realsektor nicht zu finden waren. Die Entwicklung immer neuer, hohe Gewinne versprechender Finanzprodukte zog die profitsuchenden Geldströme an.
Begünstigt wurde dieser Prozess durch eine zunehmende Liberalisierung und Deregulierung auf den Finanzmärkten. Das ist sicher ein gravierender Systemfehler. Denn es gab auch in der Vergangenheit genug auf dieser Welt, auch real – sei es in die Güterproduktion bzw. in die Infrastruktur – zu investieren. Vor allem auch in Richtung einer Ökologisierung unserer Wirtschaft.
Das "freie Spiel" des Marktes
Den spekulativen Interessen bzw. der Gier entsprach allerdings mehr das „freie“ Spiel mit den immer neu auf den Markt kommenden Finanzprodukten. Und nicht wenige neue Institute und Fonds haben dabei kräftig verdient. Unverantwortliche Rating- und Bewertungs-Agenturen sowie Analysten haben an diesem „Spiel“ teilgenommen. Auch die Bonussysteme in großen Konzernen, die primär möglichst hoch ausgewiesene Gewinne belohnten, haben die realen Verhältnisse verzerrt.
All das gilt es jetzt zu korregieren. Und da einzelstaatliche Gesetze angesichts der europäischen globalen Verflechtungen keinen Sinn machen, muss Europa die neuen Regelungen beschließen und sich dabei international vor allem mit den USA absprechen. Dabei ist die Mitwirkung des Parlaments als Gesetzgeber vorgesehen.
Konjunkturbelebungsprogramm
In einem weiteren Fall muss das Parlament aktiv werden: der Beschlussfassung über ein Konjunkturbelebungsprogramm aus dem EU-Budget. Nun muss klargestellt werden, dass mit einem EU-Budget im Ausmaß von einem Prozent des europäischen Sozialprodukts nicht wirklich viel erreicht werden kann. Da zeigt sich wieder einmal, dass sich die durch die Mitgliedstaaten begrenzten Einzahlungen ins EU-Budget im Krisenfall negativ auswirken. Trotzdem, angesichts der heutigen Wirtschaftssituation ist jeder auch kleine Beitrag wichtig. Als „Schattenberichterstatter“ der SPE-Fraktion im Industrie- und Energieausschuss habe ich es übernommen, den Vorschlag der Kommission für ein Gesetz „über ein Programm zur Konjunkturbelebung durch eine finanzielle Unterstützung der Gemeinschaft zugunsten von Vorhaben im Energiebereich“ zu bearbeiten und entsprechende Vorschläge zu machen. Die Kommission sah drei Bereiche für Investitionen vor. Für die Verbindungen im europäischen Gas-Pipelinesystem und im Stromnetz sollten 1,750 Mrd. Euro ausgegeben werden. 1,250 Mrd. Euro sollten für Projekte der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) zur Verfügung gestellt werden. Und 500 Millionen Euro sollten in Offshore-Windenergieprojekte investiert werden.
Erneuerbare Energie und Energiesparen
Der Rat – unser Mitgesetzgeber – hat vorgeschlagen, mehr in die die Gas und Elektrizitätsinfrastruktur und weniger in CCS zu investieren. Ich sehe das ähnlich, vor allem, weil die Projekte der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung nur sehr langfristig umgesetzt werden können. Was mir aber wichtiger erscheint, ist einerseits die Koordinierung mit den Plänen anderer Finanzierungsquellen, wie z.B. der Europäischen Investitionsbank EIB und dem Europäischen Investitionsfonds EIF. Nur eine koordinierte Vorgangsweise aller entsprechenden Institutionen und eventuell auch der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung EBRD etc. kann eine wirkliche Wende in Richtung zukunftsträchtiger und erneuerbarer Energien bringen.
Überdies glaube ich auch, dass mehr ins Energiesparen investiert werden müsste. In diesem Zusammenhang ist nicht zuletzt die Rolle der Städte und Gemeinden zu unterstreichen. Von ökologisch orientierten Verkehrsprojekten bis zur Sanierung des Hausbestandes könnte viel gemacht werden. Dabei könnten manche dieser Projekte rasch umgesetzt werden und hätten überdies eine positive Beschäftigungswirkung für lokale Klein- und Mittelbetriebe. Und darüber hinaus würden auch viele BürgerInnen sehen, dass die EU für deren unmittelbare Interessen da ist.

Straßburg, 11.3.2009