USA – Folgen der militärischen Interventionen

usa2Der Abzug der Kampftruppen der USA aus dem Irak ist Anlass, nochmals über die Sinnhaftigkeit solcher Einsätze und die erreichten bzw. verfehlten Ziele nachzudenken. Sieht man sich verschiedene Kommentare in den amerikanischen bzw. europäischen Zeitungen an, so gibt es kaum Erfolgsmeldungen. Allein die Kosten sind horrend, man spricht von etwa einer Milliarde Dollar. Aber das sind nur die offiziellen, finanziellen Kosten. Dazu kommen noch viele verdeckte Kosten, die in den offiziellen Rechnungen und Genehmigungen des US-Kongresses gar nicht aufscheinen.

Finanzielle und menschliche Kosten

Aber es geht ja nicht nur um die finanziellen Kosten, sondern vor allem auch um die menschlichen. 32.000 US-Soldaten wurden verwundet, viele tausende davon schwer. Unzählige Verletzte und Tote haben die Iraker zu beklagen. 4.400 US Bürger und mindestens 100.000 Iraker fanden in diesem Krieg den Tod. Darüber hinaus gibt es 1,5 Millionen interne Flüchtlinge, und ebenso viele haben das Land verlassen.
Hinzu kommt, dass weder der wirtschaftliche Aufbau wirklich vorangekommen ist noch Frieden herrscht. Immer wieder gibt es Attentate, die viele Tote erfordern. Immerhin bleiben noch 50.000 US-Soldaten im Land, und auch das verschlingt noch hohe Summen.

Nichts erreicht

Und was haben die USA erreicht? Haben sie einen neuen Verbündeten im Nahen Osten gewonnen? Diejenigen im Irak und in der Region, die gegen die Intervention eingetreten sind, blieben Gegner der USA. Und diejenigen, die von der Intervention profitiert haben, wie viele schiitische Gruppen, sind trotzdem gegen die USA.
Ähnliches spiel sich ja in Afghanistan ab. Präsident Karzai, der von den USA eingesetzt wurde, distanziert sich zunehmend von den USA. Denn auch wenn die USA abziehen, bleiben die von ihnen eingesetzten und unterstützten PolitikerInnen im Land und müssen daher auf einer antiamerikanischen Welle reiten. Und auch in Pakistan haben die USA keine neuen Freunde gewonnen, sondern sich eher Feinde geschaffen. Vor allem auch, als sie während der katastrophalen Überschwemmungen weiter ihre tödlichen Dronen eingesetzt haben.

Massive Kritik von rechts

Weder der Irak- noch der Afghanistaneinsatz haben in der muslimischen Welt Zustimmung gefunden. Anstatt den Terrorismus nachhaltig zu bekämpfen, haben die Irakinvasion und die schlecht geplante und daher verfehlte Intervention in Afghanistan die Grundlage für den Terrorismus eher erhöht. Präsident Obama hat versucht zu retten, was zu retten ist – durch den Abzug der Kampftruppen aus dem Irak und eine Strategieänderung in Afghanistan. Aber die Maßnahmen kamen zu spät und sind nicht weitgehend genug. Und trotzdem wird er von den weit nach rechts gerückten Republikanern massiv kritisiert.
Es ist den Demokraten nicht gelungen, die Republikaner für die verfehlten Kriegseinsätze verantwortlich zu machen. Genauso wie die Finanz- und Wirtschaftskrise nicht den Republikanern, die dafür die größte Verantwortung tragen, „angehängt“ werden konnte. Und die Wall Street lässt Obama auch die Finanzmarktreform spüren. Die politischen Subventionen wandern massiv in Richtung der Republikaner.

Kontraproduktives Zurückweichen

All das verhindert zudem die grundsätzliche Diskussion über Macht und Ohnmacht der Weltmacht USA. Obama hat in einigen Reden eine realistische Einschätzung der globalen Machtverhältnisse versucht. Aber dieses „Zurückweichen“ vor den neuen Machtverhältnissen ist erst Recht Wasser auf die Mühlen der rechten Opposition.
Europa müsste also noch viel daran arbeiten, dass unser Partner jenseits des Atlantiks eine realistische Einschätzung der Möglichkeiten militärischer Interventionen vornimmt. Und leider haben in der Vergangenheit einige Länder der EU die USA in ihrer falschen Politik unterstützt.

Wir brauchen keinen selbst ernannten Weltpolizisten

Besonders betrüblich ist, dass sich der britische Ex-Premier Tony Blair auch in seinen jüngst herausgegebenen Memoiren zu seiner Entscheidung, Großbritannien in den Irakkrieg zu führen, bekennt. Ich weiß nicht, wie er das angesichts der oben genannten finanziellen und sozialen bzw. menschlichen Kosten verantworten kann. Und vor allem auch angesichts der vielen britischen verwundeten und toten Soldaten.
Sowohl der Irak- als auch der Afghanistan-Krieg zeigen die Schwäche der amerikanischen – militärischen – Macht. Es liegt nun auch an Europa und einer klugen, moderaten Außen- und Sicherheitspolitik, dass die „Schwäche“ der USA nicht durch andere ausgenützt wird. Wir brauchen weder eine neue Hegemonialmacht noch ein globales Chaos. Wir benötigen vielmehr eine globale Zusammenarbeit und entsprechend ausgehandelte Regeln. Nur dann können wir die wenigen „Schurkenstaaten“ in Schach halten. Und zwar gemeinsam und nicht durch den militärischen Einsatz eines selbst ernannten Weltpolizisten.

Wien, 6.6.2010