USA IV: Wie kommen wir aus der Krise?

5246396990_4b6ba1c210_oNach meiner mehr oder weniger pünktlichen Ankunft in San Francisco machte ich eine kurze Runde durch die Innenstadt. Ich war schon viele Jahre nicht in dieser kalifornischen Stadt, die von vielen Europäern als ihre Lieblingsstadt angesehen wird – weil sie den europäischen Städten so ähnlich ist. Nun, ich muss nicht viele Stunden fliegen, um eine europäische Stadt zu sehen.

Google, Twitter & Co

Wie auch immer, San Francisco ist eine ruhige, angenehme Stadt und vielleicht ist sie in mancher Beziehung eine asiatische Stadt. Man merkt das in unserem Hotel und auch im Straßenbild. Aber nicht nur Asien ist stark präsent, sondern auch die moderne Internetindustrie.

Wenn ich heute den San Francisco Chronicle aufschlage, dann wird die Wirtschaftsseite von Nachrichten über Google und Twitter beherrscht. Dabei geht es um den Versuch von Google, ein Internet-Handelsunternehmen, Groupon Inc., das sehr erfolgreich entwickelte, zu kaufen. Auch eine zweite Nachricht bezieht sich auf Google. Dieses Unternehmen möchte ein Bürohaus in New York (Manhatten) um 1,8 Milliarden Dollar kaufen. Google dürfte es finanziell also nicht schlecht gehen. Auf der anderen Seite sucht Twitter Inc. neue Investoren, unter anderem auch auf der russischen Seite mit Digital Sky Technologies.

Es gibt allerdings auch zwei andere Wirtschaftsberichte, einerseits über die gestiegenen Luxuseinkäufe der Chinesen in Europa, speziell in Paris und anderseits über die neuesten Beschäftigungszahlen in den USA. Die Zahlen sind eine große Enttäuschung, da die Schaffung neuer Arbeitsplätze geringer als im Vorjahr ausfiel. Und es gibt auch höhere Arbeitslosenzahlen. Aber das mag darauf zurückzuführen sein, dass sich auf Grund des – allerdings langsamen – Aufschwungs nun mehr Menschen um einen Arbeitsplatz umsehen und damit als arbeitslos gemeldet sind.

Keynes und Smith

Unsere ersten Diskussionen mit unseren amerikanischen KollegInnen beschäftigten sich mit der Situation auf dem Finanzmärkten und mit der Wirtschaftskrise. Interessant war, dass unser europäischer Kollege, der die Diskussion einleitete, John Maynard, Keynes zitierte, während der amerikanische Kollege, ein Republikaner, Adam Smith zitierte. Er bezog sich dabei auf eine Aussage von Smith, dass sich ein Staat nicht anders als ein Haushalt verhalten darf. Ich meinte, dass ich mit dieser Aussage durchaus leben kann, wenn man bedenkt, dass auch Haushalte Kredite aufnehmen, wenn es um größere Investitionen geht. Allerdings muss die aufgenommene Summe in einem vernünftigen Verhältnis zu den zukünftigen Einnahmen stehen. Ich versuchte auch zwischen denen zu vermitteln, die das Sparen als das Wichtigste ansehen und denen, die das kritisieren und nur auf Wachstum setzen.

Ich betone ja in all meinen Reden im Europäischen Parlament, dass wir beides brauchen. Natürlich brauchen wir dann auch entsprechende Mittel dazu. Einerseits könnte man über die Europäische Zentralbank Eurobonds, also gemeinsame europäische Kredite aufnehmen. anderseits könnte man endlich eine Finanztransaktionssteuer einführen. Damit würden die Banken und die übrigen Teilnehmer der Finanzmärkte einen Beitrag zum Wachstum liefern, nachdem sie in der jüngsten Vergangenheit mehr zur Krise und zur Arbeitslosigkeit beigetragen haben.

Zusammenarbeit wäre von Vorteil

Leider bekommen wir diesbezüglich von den Amerikanern nicht sehr viel Unterstützung. Und auch in Europa kann man sich nicht zu einer gemeinsamen Vorgangsweise durchringen. Ich sehe allerdings nicht, wie wir aus der Krise herauskommen, wenn wir nicht neue Wege gehen. Dabei wäre eine pragmatische Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa angesichts der globalen Machtverschiebungen ein Vorteil für uns beide.

In diesem Zusammenhang war eine Schlussfolgerung, dass wir einige und vielleicht nur ein gemeinsames Projekt finden sollten, mit dem wir ein Beispiel geben können, wie wir auf den internationalen Märkten auftreten können. Aber ich fürchte, dass mit den rechten, protektionistischen Republikanern weniger gemeinsame Projekte gefunden werden können als bisher.

San Francisco, 3.12. 2010