Zukunftspartnerschaft Österreich-Polen

Österreich und Polen sollten die gemeinsame Geschichte zum Anlass nehmen, um die gemeinsame Zukunft im Rahmen der Europäischen Union vorzubereiten.
Von Belgrad kam ich nach einem kurzen Zwischenaufenthalt in Wien nach Warschau. Unsere Fraktion hat beschlossen, die diesjährige „Auslandstagung“ in Polen, dem größten Erweiterungskandidatenland, abzuhalten. Im Anschluss daran fand eine Sitzung des Parteirates der europäischen Partei statt.

Jedem seine Öffentlichkeit

Es war klar, dass sich diese Tagung schwerpunktmäßig mit der Erweiterung als solches und mit Polen im Besonderen beschäftigte. Von Premierminister Miller über Außenminister Cimozewicz bis zu vielen ParlamentarierInnen versuchten uns die polnischen Gastredner zu überzeugen, dass noch einige zusätzliche Angebote notwendig seien, um die politische Öffentlichkeit von der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Beitrittes zu überzeugen.

Ich entgegnete ihnen, dass die polnischen PolitikerInnen ihre und wir unsere Öffentlichkeit hätten. Und auch wenn es bei uns keine Referenden vor der Erweiterung gäbe, müssten wir trotzdem unsere – auch finanziellen – Interessen wahren und könnten die Erweiterung guten Gewissens empfehlen.

Verbundenheit mit Österreich

Bei zahlreichen Begegnungen am Rande der offiziellen Diskussionen fiel mir – wieder einmal – die hohe Verbundenheit mit Österreich auf, insbesondere bei jenen PolitikerInnen, die selbst oder deren Vorfahren aus dem südöstlichen Teil des Landes stammen. Die also aus jenem Polen kommen, das einstmals zur österreichisch-ungarischen Monarchie gehörte.

Es ist eine Schande, dass wir aus diesem Gefühl der Verbundenheit nichts machen. Damit meine ich weder Nostalgie noch Traditionspflege. Ich könnte mir aber sehr gut vorstellen, dass wir die gemeinsame Geschichte zum Anlass nehmen, um die gemeinsame Zukunft im Rahmen der Europäischen Union vorzubereiten.
Zweifellos geschieht in dieser Richtung einiges, vor allem die Leiter der österreichischen Kulturinstitute in Warschau in Krakau sind hier sehr aktiv. Dennoch sollten die Regierung und das ganze Land viel vehementer hinter einer solchen Zukunftspartnerschaft stehen.

Neue europäische Metropole

Dies war bekanntlich nicht mein erster Besuch in Warschau. Aber bei jeder neuerlichen Begegnung mit der polnischen Hauptstadt ist eine Weiterentwicklung erkennbar. Noch geht die Modernisierung der Stadt nicht auf Kosten der „alten“, nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufgebauten Viertel, vor sich. Und inzwischen fügt sich auch die stalinistische Architektur, symbolisiert durch den Kulturpalast, in das neu entstehende Ensemble von Hochhäusern ein.

Es ist unverkennbar eine Metropole im Entstehen, die durch die Verbindung von Wirtschaftskraft und kulturellem Engagement eine europäische Spitzenposition einnehmen könnte. Und Österreich sollte an dieser Entwicklung nicht nur durch rege Bautätigkeit beteiligt sein. 
Warschau, 14.11.2002