ACT NOW KONFERENZ: EU – TURKEY DEAL – EIN ERFOLG ODER?

Zu Beginn des Jahres 2016 veranstaltete das Bruno Kreisky Forum gemeinsam mit einer Initiative von Patricia Kahane und André Heller eine große und großartige Flüchtlingskonferenz. Daraus entstand dann die Organisation ACT NOW. Dabei sollten bei den verschiedenen Konferenzen vor allem die Flüchtlinge selbst aber auch die BürgermeisterInnen und NGOs gehört werden, also jene, die sich um die Flüchtlinge kümmern. Im Anschluss an die Wiener Tagung fand Mitte Juli eine kleinere aber nicht desto weniger spannende Konferenz in Athen statt, bei der das in der Zwischenzeit von der EU mit der Türkei geschlossene Abkommen am Prüfstand stand. Ursprünglicher Autor dieses Abkommens ist der Österreicher Gerald Knaus, den ich schon mit dem jetzigen Botschafter der Türkei in Brüssel zu einer Diskussion ins Kreisky Forum einladen konnte und den ich natürlich auch nach Athen einlud. Als Kurator der Veranstaltung in Athen habe ich versucht mitzuhelfen, die wesentlichen Punkte aufs Tapet zu bringen.

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Die Erfolge

Das oftmals gescholtene und von Angela Merkel und der holländischen EU Ratspräsidentschaft unterstütze Abkommen hatte und hat den Zweck die massiven und gefährlichen Flüchtlingsströme von der Türkei über die Ägäis nach Griechenland zu unterbinden. Damit sollte Menschenleben gerettet werden aber auch die durch mehrere Länder führende Balkanroute nachhaltig geschlossen werden. Das wurde im Wesentlichen auch erreicht. Allerdings kam es kaum zu Rückführungen von Flüchtlingen in die Türkei und weder die vorgesehene Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland noch die aus der Türkei seitens Europa funktioniert. Europa und die überwiegende Anzahl von Mitgliedstaaten waren bzw. sind unfähig bzw. unwillig Flüchtlinge aufzunehmen. Und selbst die, die willig sind, wie zum Beispiel Portugal bekommen zum Teil keine Flüchtlinge „angeboten“.

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Grundfehler

Ein Grundfehler war und ist, dass man sich bei dem Abkommen auf ein wirtschaftlich und institutionell schwaches Land, nämlich Griechenland, verlasen hat. Hilfe aus EU Ländern wurde angeboten aber nur selten angenommen. Die Bürgermeister, die sich um die Flüchtlinge de facto kümmern, haben in Griechenland sehr geringe Kompetenzen – was übrigens ein generelles Problem darstellt, auf das ich seit Jahren hinweise. Flüchtlingslager wurden bzw. werden zum Teil vom Militär geführt, was zu entsprechend schlechter Versorgung und Behandlung führt. Zum Teil ist die UN Flüchtlingsorganisation UNHCR tätig, was aber zu Koordinationsproblemen führt.

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Im Übrigen führt die schleppende Durchführung von Asylverfahren und vor allem auch der Familienzusammenführungen dazu, dass die illegalen Fluchtwege auf der an und für sich geschlossenen Balkanroute wieder stärker frequentiert werden. Die schleppende Abwicklung der Asylverfahren hilft den Schleppern, sie profitieren davon im wahrsten Sinn des Wortes.

Das Abkommen effizient umsetzen

Man hätte zumindest eine EU – Griechenland Task Force gründen müssen, die gemeinsam die Probleme von der Unterbringung bis zur Abwicklung der Asylverfahren organisieren und durchführen hätte müssen. Man hätte aus den letzten Jahren wissen müssen, dass Griechenland ein schwacher und zum Teil sehr bürokratischer Staat ist. Es ist ja ein Grundproblem – der Troika Aktivitäten – der EU, dass sie gerade dieses Problem nicht angegangen ist, sondern immer nur Leistungskürzungen und Steuererhöhungen eingefordert hat. Der Staat wurde dadurch kaum effizienter, sondern nur noch mehr überfordert. Und leider ist die Syriza Regierung auch nicht strukturelle Reformen angegangen.

Die sichtbaren und vor allem für die Flüchtlinge spürbaren Mängel liegen also nicht an dem Abkommen als solches, sondern an der mangelhaften Umsetzung und den oft widersprüchlichen Aktivitäten der EU Stellen einerseits und griechischer Behörden anderseits. Eine schonungslose Analyse dieser Mängel und die darauf aufbauende Behebung dieser wäre dringend erforderlich.

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Sicher kamen zuletzt mit den tragischen Ereignissen in der Türkei neue Herausforderungen hinzu. Wir wissen nicht, ob das Abkommen hält. Wir wissen nicht, ob neue Flüchtlingsströme aus der Türkei selbst kommen. Was wir wissen ist allerdings, dass sich nach wie vor über drei Millionen Flüchtlinge in der Türkei befinden und es täglich mehr werden und dass diese unsere Hilfe brauchen. Und wir wissen auch, dass viele Flüchtlinge in Griechenland auf den Inseln und am Festland festsitzen und ebenfalls unserer Hilfe bedürfen. Und daher gilt es rasch zu handeln und die Umsetzung des Abkommens wesentlich zu verbessern, solange es noch hält.