Abschied von Rumänien

Natürlich hoffe ich, noch öfters nach Rumänien zu kommen, aber als EU-Abgeordneter und insbesondere als Fraktionsvorsitzender nahm ich vor wenigen Tagen Abschied von diesem großen und wichtigen EU-Land. Mein Aufenthalt dauerte nicht viel länger als 50 Stunden und dennoch konnte ich nochmals die große Vielfalt dieses Landes erleben.

Von Wien kommend landete ich in Sibiu (Hermannstadt). In der Nähe dieser Stadt sah ich die extreme Armut einiger Roma bzw. in diesem Fall Zigeunerfamilien. Denn die Roma beharren darauf, dass diejenigen, die sich nicht mehr der traditionellen Sprache und Kultur der Roma bedienen, keine Roma sind und daher als Zigeuner zu bezeichnen sind. Ich sah aber auch, wie eine private Initiative aus Österreich (Pater Georg Sporschill) Wunder vollbringt, um die ärgste Armut zu bekämpfen. Und ich sah auch, wie unter Leitung ehemaliger Straßenkinder aus Bukarest Kinder in einem Chor singen lernten. Und auch hervorragend schwierige Instrumente spielen.

Dann ging es auf einer nicht ausgebauten Landstraße durch ein faszinierendes Tal entlang eines Flusses nach Pitetsti. Dort konnte ich mit Professoren und Studenten auf einer Privatuniversität hoher Qualität über die europäische Wirtschaftspolitik diskutieren. Ich sah eine hochaktive und profitable Dacia Autofabrik, die viel zu den Gewinnen von Renault beiträgt. Ich sah ein Nuklearforschungszentrum, das auf dem Gebiet der Reaktorsicherheit forscht – und das in enger Zusammenarbeit mit anderen Zentren in Europa.

Auf der Autobahn ging es danach zum Flughafen Bukarest, von wo ich nach Statu Mare im nördlichen Transsilvanien flog. Von dort fuhren wir entlang von Riesenfeldern nach Negresti Oasi. Eine sehr engagierte und tatkräftige Bürgermeisterin bemüht sich in dieser Regionalhauptstadt vor allem um den Ausbau des Fremdenverkehrs. Am darauffolgenden Tag besuchte ich das ethnografische Museum, das allerdings auch durchaus interessante moderne Kunst ausstellte.

In Statu Mare besuchte ich eine metallverarbeitende Fabrik, die unter anderem Bestandteile für Windräder herstellt, und zwar für international renommierte Firmen wie Siemens. Schrittweise wurde und wird in die Firma investiert und der Maschinenpark erneuert. Ja, in den kommunistischen Zeiten hatte die Firma 10.000 Beschäftigte und jetzt als privates Unternehmen nur mehr 1000. Aber gemeinsam mit den Betriebsräten sorgt die Unternehmungsleitung dafür, dass immer wieder neue Aufträge sorgfältig und mir hoher Präzision erfüllt werden.

Und zum Abschluss besuchte ich ein Schloss, dass der Familie Karoly gehört. Es wurde vom Staat renoviert und eine Nachfahrin der Familie aus Deutschland engagiert sich gemeinsam mit dem ungarisch sprachigen Bürgermeister von Carei (die knappe Mehrheit der Stadt besteht aus Ungarn) um die weitere Attraktivierung des im öffentlichen Eigentum stehenden Schlosses als Anziehungspunkt für den Fremdenverkehr. Und die Nachfahrin aus dem Geschlecht der Karoly konnte ich dafür gewinnen, ein Projekt zur Integration der Roma Bevölkerung zu versuchen.

Die Region von Statu Mare ist eine sehr gemischtsprachige Region und soweit ich aus den Gesprächen erkennen konnte, leben die verschiedenen Gemeinschaften in gutem Einvernehmen miteinander. Jedenfalls bestätigten mir das auch die Vertreter der deutschsprachigen Gemeinschaft (ehemalige Schwaben)! Das schwierigste Problem dürfte die Integration der Roma/Zigeuner sein. Vor allem angesichts der vielen Vorurteile in Rumänien selbst. Umso mehr sollten wir das als ein europäisches Problem ansehen und viele private und öffentliche Integrationsprojekte unterstützen. Es ist eine Sisyphusarbeit, aber sie ist absolut notwendig. Und es höchste Zeit, dass wir ernsthaft damit anfangen.

Ich hoffe auch, dass von dem Geld, das die EU zur Verfügung stellt, auch viel für die Bekämpfung der Armut und die Schaffung von Arbeitsplätzen generell verwendet wird. Denn davon profitieren dann auch die Roma/Zigeuner – falls sie nicht bewusst ausgeschlossen werden. Und vor allem ist zu hoffen, dass die inneren, politischen Streitigkeiten bald eine Ende haben werden. Spätestens dann, wenn Präsident Basescu, der sich immer wieder als Reibebaum anbietet, mit Ende des Jahres seine zweite Amtsperiode beendet. Das Land ist zu schön und zu wichtig als dass es seine Energie im politischen Hick-Hack verschwendet.