In Zagreb

  

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Zagreb

Studenten der Universität Zagreb hatten mich zu einem Vortrag bei einer von ihnen veranstalteten Konferenz eingeladen. Ich war erstaunt von der Professionalität der Organisation und auch der guten, erfrischenden Stimmung. Meinen Aufenthalt nutzte ich auch zu einigen offiziellen Terminen, so mit dem neuen EU-Botschafter in Zagreb, den ich allerdings schon von Moskau her kannte und dem Justizminister, der mir im Detail seine Maßnahmen im Rahmen der Justizreform schilderte. Ich halte ihn für einen sehr seriösen und effizienten Mann und Kroatien kann froh sein, einen solchen reformfreudigen Justizminister zu haben. Mir war es aber ein besonderes Anliegen, den neuen Staatspräsidenten zu treffen. Ich war sehr beeindruckt von seiner Bescheidenheit und der Klarheit seiner Einstellungen. Sowohl mit ihm als auch mit dem Justizminister erläuterte ich eingehend die kritische Frage der Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.

Das Besondere ist, dass Präsident Josipovic ein Experte des internationalen Strafrechts ist, frühere Regierungen wegen zu geringer Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof gemahnt hatte und jetzt zusehen muss, wie der Vorwurf, dass noch keine vollständige Zusammenarbeit existiert, den Fortgang der Beitrittsverhandlungen blockieren könne. Denn Bramerts, der Nachfolger der öffentlichen Anklägerin in Den Haag Carlo de Ponte, hat noch immer kein grünes Licht für die Eröffnung des Justizkapitels gegeben. Zwar ist er dafür nicht formell zuständig, aber der dafür zuständige Rat der EU hält sich an die Beurteilung der Ankläger – und nicht an die für eine solche Beurteilung zuständigen Richter. Das macht das Leben auch der Gutwilligen in Zagreb schwer und macht die EU auch nicht gerade populär. Ich bin absolut für die Durchführung aller Gerichtsverfahren gegen vermeintliche Kriegsverbrecher, aber man muss auch den entsprechenden Staaten Fairness walten lassen. Und aus meiner Sicht wäre es jedenfalls dringend geboten, das Justizkapitel zumindest für die Verhandlungen zu „eröffnen“, bis zum Abschluss dauert es ohnehin noch.