Brief der S&D Fraktion an Barroso: inakzeptable Doppelmoral der Kommission beim Europäischen Sozialmodell

Swoboda 08Im Anschluss an die Plenardebatte letzte Woche in Straßburg über die Lage der Europäischen Union schrieb der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion Hannes Swoboda heute einen offenen Brief an den Präsidenten der EU-Kommission José Manuel Barroso. Der S&D Fraktionschef fordert Barroso auf, die Zusagen zu erfüllen, die er hinsichtlich der Notwendigkeit eines „Europäischen Sozialmodells“ gemacht hat.

In seinem Brief an Kommissionspräsident Barroso schreibt Hannes Swoboda:
„Die jüngsten Entwicklungen in Portugal haben die einseitigen und inakzeptablen Forderungen der Troika erneut hervorgehoben. Mit jeder neuen Maßnahme, die dem Wohl der europäischen Bürger schadet, wächst deren Widerstand. Ich werde nicht müde zu wiederholen, dass angesichts der aktuellen Krise Reformen unerlässlich sind und einige davon sogar Not schaffen können. Es ist aber inakzeptabel, dass der Vertreter der EU-Kommission in der Troika dem vereinfachenden Ansatz zustimmt, die Löhne und Pensionen zu kürzen und gleichzeitig die Steuern darauf zu erhöhen. Eine solche Herangehensweise verweigert den Menschen das Minimum, nämlich ein menschenwürdiges Einkommen; sie senkt die Binnennachfrage und erhöht die Armut auf ein inakzeptables Niveau.
Ich kann die Doppelmoral der Kommission bezüglich der Wohlfahrtsgesellschaft in Europa nicht akzeptieren: auf der einen Seite ihr Bekenntnis zum Europäischen Sozialmodell, auf der anderen Seite ihre Unterstützung für die Empfehlungen der Troika, um es zu zerstören.
Ich erwarte, dass Sie, Herr Präsident, ihre eigenen Erklärungen ernstnehmen. Ich fordere Sie auf, eine stärkere soziale Orientierung zu zeigen, für Gerechtigkeit in der Arbeit der Troikas zu sorgen und eine Umkehrung der Richtlinien und Empfehlungen der Troikas zu verlangen. Letztere sollten sich mehr auf die Strukturreformen konzentrieren, die in Verbindung mit einem vernünftigen Zeitplan die notwendigen Ergebnisse hervorbringen könnten und die Prinzipien der jeweiligen Wohlfahrtssysteme und die Tarifverhandlungsprinzipien am Leben erhalten würden.
Meine Fraktion wird mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln für Strukturreformen und gegen die gesellschaftlich beklagenswerte und wirtschaftlich kontraproduktive Zerstörung unseres Europäischen Sozialmodells kämpfen.“