Rede zur Lage im Kosovo

Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Nach unserem letzten Besuch in Pristina sind mir drei Dinge aufgefallen. Erstens: Es gibt durchaus einen ansehnlichen Fortschritt, was die materielle Situation betrifft. Nicht zuletzt und dankenswerterweise wegen einer guten Arbeit der Wiederaufbauagentur. Es gibt zweitens die Vereinten Nationen, die dort eine gute Arbeit leisten, die allerdings nicht zuletzt auch durch einige überbürokratische Hindernisse behindert wird. Aber es gibt kaum Änderungen in den Köpfen der politischen Vertreter der verschiedenen ethnischen Gruppen im Kosovo. Das betrifft die Serben, was deutlich wird, wenn man sich anschaut, wie wenig echte Mitarbeit der Minister in der Regierung Rexhepi es gibt, und dass es nach wie vor eine Parallelstruktur für die Serben gibt. Es gilt vor allem auch für die Vertreter der albanischen Mehrheit im Kosovo. Sie sind leider noch nicht bereit – vielleicht mit wenigen Ausnahmen, die der Herr Kommissar erwähnt hat -, einen multiethnischen Staat zu akzeptieren, und zwar nicht nur verbal zu akzeptieren, sondern auch wirklich umzusetzen.
Und, Herr Kommissar, wenn Sie meinen, wir müssen bald mit den Verhandlungen beginnen, und wenn die Kollegin Pack meint, man müsse sogar über Status und Standards gleichzeitig verhandeln, dann würde ich fragen: Was machen wir in der Europäischen Union, um die albanische Führung im Kosovo davon zu überzeugen, dass sie wirklich einen multiethnischen Staat akzeptieren muss? Der Ratspräsident hat gesagt, wir sind der größte Geldgeber, wir haben die meisten Militärs. Warum soll ich einen europäischen Steuerzahler davon überzeugen, dass er weiter Geld für einen Staat aufbringen muss, der nur darauf aus ist bzw. dessen politische Führung darauf aus ist, de facto einen ethnisch einheitlichen Staat in Europa herzustellen. Warum sollen wir auch entsprechend Belgrad subventionieren und unterstützen, wenn Belgrad nicht bereit ist, eine gemeinsame multiethnische – sagen wir mal – Einheit oder einen multiethnischen Staat zu akzeptieren. Ich bin schon immer dafür eingetreten, dass es in Richtung Unabhängigkeit für den Kosovo geht. Aber leistet die albanische Führung im Kosovo ihren Teil für diese Unabhängigkeit, nämlich die Voraussetzungen zu schaffen? Ich meine, nach all den Worten, die Sie richtigerweise gesagt haben, Herr Kommissar und Herr Ratspräsident, müssen wir Konsequenzen ziehen. Wir müssen im Fall des Falles auch unsere Unterstützung zurückziehen, wenn wir merken, man geht den falschen Weg.
Mit schönen Worten helfen wir dort nicht. Sie hören die schönen Worte vielleicht, aber die Führung zieht nicht die Konsequenzen. Und daher meine ich bei aller Unterstützung dessen, was Sie gesagt haben, Herr Kommissar, was völlig richtig ist, dass man jetzt vom Rat und von der Kommission – aber letztendlich vor allem vom Rat – erwarten kann, nicht nur Worte zu sprechen, sondern Taten folgen zu lassen, wenn die albanische Führung im Kosovo und auch die Serben nicht bereit sind, an einem gemeinsamen Projekt Kosovo zu arbeiten. Ich sehe das noch nicht. Ich erwarte mir vom Rat und von der Kommission wirklich Konsequenzen.