Brüsseler Nah-Ostkonferenz

Wir lehnen kompromisslos jede Form von Gewalt ab – Gewalt durch Raketen, Gewalt durch Bomben, aber auch Gewalt, die darin besteht, dass Familien durch eine Mauer getrennt werden und dass Menschen täglich Grund und Boden weggenommen wird.
Diese Woche begann mit einer äußerst interessanten Konferenz über den Nahen Osten, die im Parlament in Brüssel stattfand.

Fragwürdiges Quartett

Die Tagung wurde von der Fraktion veranstaltet und war von vornherein als die Vorbereitung zu einer Nahostfriedenskonferenz zu einem späteren Zeitpunkt gedacht – wobei wir uns bewusst sind, dass wir ein solches Vorhaben nicht von uns allein aus bestimmen können. Zu der jetzigen Konferenz waren jedenfalls sehr viele prominente VertreterInnen aus Israel, Palästina und den meisten arabischen Staaten gekommen. Javier Solana hat die Konferenz eröffnet – wie immer mit viel Charme und Sympathie.
Die europäische Position in der Nah-Ostfrage ist verschwommen – und das ist gar nicht so sehr Solanas Schuld. Es ist vor allem deshalb nicht einfach, zu adäquaten Lösungen zu kommen, weil die europäische Position zu wenig eigenständig ist und zu sehr von den Amerikanern abhängt. Ich habe in meiner kurzen Wortmeldung auch darauf verwiesen, dass der ehemalige UN-Beauftragte Álvaro de Soto heftige Kritik am Quartett, an dem die EU, aber auch Russland, die vereinigten Staaten von Amerika und die UN teilnehmen, geäußert hat. Solana meinte, er könne einiges an dieser Kritik verstehen, aber nicht alles teilen. Das Quartett würde wichtige Schritte in die Zukunft unternehmen, sich mit den arabischen Ländern absprechen, etc.

Schweigen von Barak

Nun, ich bin mir nicht sicher, ob das Quartett tatsächlich so erfolgreich sein wird. Ich befürchte, dass Amerika nach wie vor stark auf der Bremse steht und daher keinen wesentlichen Beitrag zum Frieden leisten wird. Die Tatsache, dass Ehud Barak zum neuen Vorsitzenden der Labourparty gewählt worden ist und Verteidigungsminister wurde, ist auch nicht gerade ein großer Beitrag zum Friedensprozess.
Beim Abendessen befragte ich meine Tischnachbarn, eine Abgeordnete der Merez-Partei aus der Knesset und einen der besten Analysten der Region, zu den Verhältnisse in Israel und zur eigentlichen Meinung von Barak über die weitere Zukunft in dieser Region und die Politik in Israel. Beide antworteten mir unisono, dass sich Barak während der gesamten Zeit, in der sich um das Amt des Parteivorsitzenden der Labourparty – ein Amt, das er schon einmal innehatte – beworben hat, keinerlei inhaltliche Äußerungen getätigt hat. Sie konnten also gar nicht sagen, was er wirklich will. Sie sehen der Entwicklung insgesamt nicht sehr optimistisch entgegen.

Gewalt auf beiden Seiten wird abgelehnt

Ich habe versucht, bei meiner Dinner-Speech bei besagtem Abendessen die Meinung der Fraktion kurz zusammenzufassen. Wir unterstützen den Friedensprozess voll. Wir verfolgen die Arbeit des Quartetts äußerst kritisch, weil wir wenige konstruktive Beiträge sehen. Und wir lehnen kompromisslos jede Form von Gewalt ab – Gewalt durch Raketen, Gewalt durch Bomben, aber auch Gewalt, die darin besteht, dass Familien durch eine Mauer, wie sie Israel erbaut hat, getrennt werden, dass den Menschen täglich Grund und Boden weggenommen wird und dass deren Häuser zerstört werden.
Die Gewalt besteht nicht nur auf einer, sondern auf beiden Seiten. Zweifellos sind die Maßnahmen der Israelis von größerer Auswirkung als die Gewaltmaßnahmen auf der palästinensischen Seite: Mehr Menschen sterben, und mehr Menschen werden ins Gefängnis gebracht, etc. Keines von beiden möchte ich rechtfertigen, und die Fraktion kämpft vehement dagegen an. Wir wollen einen überlebensfähigen palästinensichen Staat. Aber wir wollen nicht, dass die Fatah von Präsident Abu Mazen einen Alleinvertretungsanspruch mit Gewalt durchsetzt, sondern sich demokratischen Wahlen stellt.

Schwierige Umsetzung

Wir wollen außerdem, dass alle Länder der Region mithelfen, Stabilität und Frieden herzustellen. Das gilt auch für den Iran. Seine regionale Bedeutung ist anzuerkennen, aber er muss auch die Existenz aller Länder der Region anerkennen und darf sich nicht überall einmischen. Unsere Grundsätze wurden weitgehend anerkannt. In der schwierigen und komplexen Realität des Nahen Ostens sind sie allerdings nur sehr schwer umzusetzen.

Brüssel, 3.7.2007