In den USA V

l1010416Es ist unvermeidlich, dass die UNO eine bürokratische Organisation ist. Sie ist ja um einiges größer und umfangreicher als die EU. Während unseres New York-Aufenthalts ist der Südsudan als Mitglied in die Vereinten Nationen aufgenommen worden. Eine solche Organisation prinzipiell gleichberechtigter Staaten muss schwerfällig sein. Allerdings darf das keine Ausrede für Reformunfähigkeit und Reformunwilligkeit sein. Die zu behandelnden Probleme und vor allem die zu lösenden Konflikte sind zu groß und vielfältig dafür.

UN-Friedenseinsätze

Einer, der da an vorderster Front gestanden und auch entsprechende Reformen durchgeführt hat, ist der Leiter der Friedenseinsätze, Le Roy. Nach allgemeiner Einschätzung hat er, der nun in den nächsten Wochen die UNO verlässt, eine ausgezeichnete Arbeit geleistet. Aber was er besonderes bedauert, ist der geringe Einsatz der Europäer bei den militärischen und den Polizeieinsätzen im Rahmen der UN-Friedenseinsätzen. An der Spitze stehen Pakistan, Bangladesh und Indien. Unter den 25 Staaten mit den meisten Personaleinsätzen befinden sich nur Italien, Frankreich und Spanien. Und dann kommen schon Irland auf Platz 36 und Österreich auf Platz 41.

Sicher zahlen die Europäer viel für die UNO und vor allem für die Friedenseinsätze. Aber es geht neben gut qualifiziertem Personal auch um die entsprechenden Geräte, wie zum Beispiel Transportflugzeuge und Hubschrauber. Und da sollte Europa ohnedies mehr tun, um entsprechende Kapazitäten aufzubauen. Mit Recht verwies Le Roy auf die Bereitschaft der Amerikaner und auch der Europäer zu weit gefährlicheren Einsätzen in Irak und Afghanistan im Verhältnis zur Absenz bei den weitaus sichereren Friedenseinsätzen.

Frauen- und Menschenrechte

Besonders erwähnenswert ist aber auch das stärkere Engagement der UNO für die Anliegen der Frauen. Einerseits geht es um die notwendige Verstärkung der Frauen in der Politik, aber vor allem auch im Sicherheits- und Justizapparat. Denn dort, wo Frauen aktiv sind, wird auch eher auf deren Anliegen Rücksicht genommen. Vor allem geht es um die Verhinderung von Gewalt gegen Frauen als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele. Diese Brutalitäten konnte man ja in den letzten Konflikten immer deutlicher sehen. Die zahlreichen Vergewaltigungen im Jugoslawienkrieg zeugen ebenso davon wie die Massenvergewaltigungen im Kongo (DRC).

Dagegen anzukämpfen bzw. für die entsprechenden Strafverfolgungen zu sorgen ist eine der Aufgaben, die im Rahmen der UNO die ehemalige EU-Kommissarin Margot Wallstrom übernommen hat. Abgesehen von der Bedeutung dieser Aufgabe war es für mich eine große Freude, sie wieder zu treffen. Sie ist mit vollem Engagement bei der Sache und ich bin froh, dass sie diese Funktion bei der UNO bekommen hat. Ein anderer „alter“ Bekannter, der auf dem Gebiet der Menschenrechte eine wichtige Aufgabe übernommen hat, ist der ehemalige kroatische Finanzminister Simonovic, mit dem ich in meiner Eigenschaft als Kroatienberichterstatter des EU-Parlaments die notwendigen Justizreformen in seinem Heimatland besprach, bevor er nach New York ging. Jetzt arbeitet er vor allem an einer stärkeren Rücksichtnahme der Sicherheitsorgane Polizei und Militär an den universellen Menschenrechtsstandards. Dort, wo sich Polizei und Militär verpflichten, die entsprechenden Normen zu respektieren und auch durchzusetzen, möchte die UNO auch helfen, aber diese Bereitschaft ist die Vorrussetzung und Bedingung dafür.

Wichtige Arbeit

Menschen wie Margot Wallstrom, Alain Le Roy und Simonovic sind engagierte MitarbeiterInnen der Vereinten Nationen, die einen Unterschied machen. Sie machen aus einer notgedrungen bürokratischen Organisation Instrumente der Humanisierung und des Kampfes gegen Unrecht und Unterdrückung. Auch wenn angesichts der Größe der Aufgabe und vor allem der Stärke des Widerstands die Erfolge global gesehen bescheiden bleiben, tut das der Bedeutung und Wichtigkeit ihrer Aufgabe keinen Abbruch. Sie haben eine moralisch und politisch sehr wichtige und in diesem Sinn dankbare Aufgabe übernommen.

New York, 17.07.2011