Albanien auf neuem Kurs?

Seit den letzten Parlamentswahlen hat Albanien eine neue, sozialdemokratische Regierung. Die Sozialisten, als stärkste Partei, und die „Bewegung für die Integration“ haben sich endlich entschlossen eine gemeinsame Regierung zu bilden. Der Chef der Sozialisten, Edi Rama,  wurde zum Premierminister und der Parteivorsitzende der anderen Partei, Illir Metha zum Parlamentspräsidenten gewählt. Im Übrigen war dieser schon einmal Premierminister und  hatte auch mehrere Ministerämter inne.

Edi Rama kenne ich schon aus der Zeit, als er noch Bürgermeister von Tirana war und sehr viel dazu beigetragen hatte, dass die Stadt lebendiger und auch bunter (im wahrsten Sinn des Wortes wurde). Es war nicht immer leicht mit ihm, da er eine starke Persönlichkeit ist. So hatte er auch die Teilnahme von Metha an einer Regierung seines Erzgegners Berisha als Verrat angesehen. Und aus diesem Grund hat er es auch nicht gerne gesehen, dass ich die Beziehung zur zweiten, kleineren sozialdemokratischen Partei immer aufrechterhielt. Aber Metha kenne ich noch länger als Rama und ich hatte keinen Grund die Beziehung zu ihm still zu legen. Und so konnten wir auch zur Verständigung dieser beiden Parteien vor den letzten Wahlen beitragen. Und gemeinsam errangen sie auch einen großen Sieg.

Der langjährige Premierminister und Vorsitzende der Demokratischen Partei Sali Berisha trat daraufhin nicht nur als Regierungschef, sondern auch Parteivorsitzender zurück. Zumindest formell, denn viele meinen, er ist noch immer die treibend Kraft in der jetzigen Oppositionspartei und kann seinen Wahlverluste nicht überwinden. Leider ist der neue, junge Parteivorsitzende, den ich auch bei meinem Besuch traf nicht verbindlicher als sein Vorgänger und Mentor. Seine Schilderungen der Regierung und deren Politik haben ein anderes Land charakterisiert, als das, welches  uns nicht nur von der Regierung,sondern im Wesentlichen auch seitens des EU-Botschafters dargestellt wurde.

Nun die Charakterisierung der Vorgänger – Regierung durch die damalige Opposition der Sozialisten war nicht unähnlich der Beurteilung der jetzigen Regierung seitens der heutigen Opposition. Aber bei Abwägung der verschiedenen Informationen sehe ich doch einen wesentlichen Schritt nach vorne. Vor allem der friedliche Übergang von der alten zur neuen Regierung ist für Albanien eher ungewöhnlich. Und auch das Angebot die sicher notwendige Reform der Territorialverwaltung und dabei vor allem der Gemeindestrukturen gemeinsam zu beraten und zu beschließen, sollte von der Opposition aufgegriffen werden.

Sicher, das Land ist nach wie vor tief gespalten. Ich hoffe, dass die linke Regierung nicht die Fehler der rechten Regierung wiederholt und auf eine sachlich orientierte und fachlich besetzte öffentliche Verwaltung setzt. Und das muss vor allem für die Justiz gelten. Albanien braucht eine unabhängige Justiz, vor allem für den Kampf gegen die Korruption. Sie muss wirklich unbeeindruckt ob der politischen Zugehörigkeit der Verdächtigen agieren. Erste Anzeichen dafür gibt es bereits und das ist erfreulich. Nur so kann das Land einer späteren Mitgliedschaft in der EU näher kommen. Das ist für die gesamte politische Klasse und für die Unterstützung der notwendigen Reformen wichtig. Die Albaner fühlen sich ohnedies diskriminiert, da bisher nur slawische Länder den Kandidatenstatus erhalten haben, im Dezember zuletzt Serbien, eine Entscheidung, die ich aber durchaus gerechtfertigt halte.

P.S.In diesem Zusammenhang wurde mein Vorschlag an das Nobelpreiskomittee, Cathy Ashton, den serbischen und den kosovarischen Premierminister, den Nobelpreis zu verleihen, gerade von der albanischen Gemeinschaft sehr willkommen geheißen. Er war auch als Anregung gedacht, den begonnen Friedensprozess fortzusetzen. Denn dieser ist noch lange nicht abgeschlossen. Aber schon die bisher gesetzten Schritte sind ein großer Schritt nach vorne. Bei aller Aufmerksamkeit, die heute die Ukraine und die Länder der Mittelmeerregion von uns verlangen, wir dürfen nicht vergessen, dass wir auch am Balkan noch eine friedensstiftende Aufgabe zu erledigen haben.