Anmerkungen zur neuen Kommission

Nun haben wir die Vorschläge des neuen Kommissionspräsidenten Jean Claude Juncker für die Geschäftseinteilung und die Zuständigkeiten der einzelnen KommissarInnen auf dem Tisch. Einstweilen sind es seine Vorschläge, und es bedarf noch der Zustimmung des Europäischen Parlaments. Die beiden letzten Kommissionsvorschläge von Barroso sind nicht unverändert durch das Parlament gegangen. In beiden Fällen musste je ein Kommissar ausgewechselt werden und in einem Fall gab es auch eine Veränderung des Portfolios.

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Es ist nicht immer ganz leicht, die Motivation und die Logik bei Junckers Vorschlägen zu erkennen. Die Ernennung des niederländischen Außen- und Europaministers Frans Timmermans als seinen vorrangigen Stellvertreter und Reformkommissar ist sehr zu begrüßen. Nicht alle bisherigen Ideen über eine Reduzierung der „Regulierungswut“ der EU-Kommission, die er bisher geäußert hat, möchte ich unterstützen. Aber er hat wenigsten Ideen dazu und kann sicherlich einigen blindwütigen EU-Kritikern das Wasser abgraben. Gemeinsam mit Federica Mogerhini, der „Außenministerin“, bildet er die Spitze der sozialdemokratischen Mitglieder in der EU Kommission.

Dass er die ehemaligen Regierungschefs zu Vizepräsidenten der EU-Kommission machte, kann man Juncker nicht verdenken, nicht immer allerdings sind es die stärksten Mitglieder der Kommission. Eine starke Vizepräsidentin ist sicher die bulgarische Kommissarin, die für Budget und Personal zuständig sein wird. Bisher zeichnete sie für Humanitäre Hilfe verantwortlich und hat dort einen guten Eindruck gemacht.

Nicht leicht nachzuvollziehen ist der Vorschlag, den Spanier Miguel Arias Canete für Klimaschutz und Energie verantwortlich zu machen. Aber vor allem der Vorschlag, den ehemaligen Minister von Orban, Tibor Navracsics, mit der Zuständigkeit für Erziehung, Kultur, Jugend und Bürgerschaft auszustatten, klingt grotesk. Wie einer, der in den letzten Jahren immer wieder Orbans Attacken auf die Rechtsstaatlichkeit und die Zivilgesellschaft verteidigt hatte, diese wichtige Funktion ausüben soll, bleibt mir ein Rätsel. Es sei denn, diese Ernennung ist ein gefinkelter Schachzug, weil Navracsics jetzt Orban, seinen ehemaligen Chef, in die Pflicht nehmen muss. Zweifellos wird Navracsics in den parlamentarischen Hearings einiges durchzustehen haben und ich bin gespannt, ob er auch eine Mehrheit im Parlament bekommt. Vielleicht nur mit der antieuropäischen Rechten. Aber das würde auch kein schönes Bild machen.

Insgesamt sind in der zukünftigen EU-Kommission einige Schwergewichte zu verzeichnen, ehemalige Regierungschefs und Minister sowie profilierte Kommissare der letzten Kommission, aber auch EU-Parlamentarier. Sie könnten der Kommission insgesamt ein größeres Gewicht geben. Aber mir scheint, dass Juncker noch ein wenig an der konkreten Geschäftseinteilung und Personalbesetzung feilen muss, um das volle Potential aus dieser Kommission herauszuholen.