Die sozialdemokratische Linke in Europa

EuropaCafé00002Die sozialdemokratische Linke in Europa ist nach wie vor in einem fragilen Zustand. Zwar gab es in Dänemark einen leichten Ruck nach Links, aber kein besonders gutes Ergebnis für die Sozialdemokraten. Wir hoffen auf einen Wahlsieg in Frankreich nächstes Jahr, aber inzwischen gibt es Wahlen in Polen mit hoffentlich passablem Ausgang und Wahlen in Spanien und Slowenien. In beiden Ländern ist es fast unmöglich, die Stellung zu halten.

Die Menschen in Europa sind von der Wirtschaftskrise geplagt und sie haben Angst, dass es noch schlechter wird. Und Angst, das zeigt die historische Erfahrung, führt immer nach Rechts, in den Nationalismus. Und dieser hat es jetzt relativ leicht. Da Europa außerstande ist, gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise nachhaltig zu helfen, wenden sich die Menschen den nationalistischen Kräften zu. Die Gemäßigten den gemäßigt konservativen Parteien, die weniger Gemäßigten und meist weniger Gebildeten den extremeren, lauter schreienden Kräften.

Könnte Europa mehr tun, um die Wirtschaftskrise und deren Folgen, vor allem die Arbeitslosigkeit, zu bekämpfen? Und welche Konzepte hat die Sozialdemokratie in diesem Zusammenhang anzubieten?

Europa allein kann gegen die Weltwirtschaftskrise nicht viel unternehmen. Aber mit den USA und anderen Staaten und Regionen könnten wir mehr tun. Wir könnten dann vor allem die Finanzmärkte und ihre Strafsanktionen gegenüber höheren Defiziten einzelner Länder unterlaufen. Auch, wenn „nur“ die Länder der EU eine gemeinsame Wachstumsstrategie entwickeln und umsetzen würden, könnten die Finanzmärkte nicht all ihre zerstörerische Kräfte ausüben. Aber Europa müsste gemeinsam handeln, so wie bei der jüngst von der EU-Kommission vorgelegten Finanztransaktionssteuer.

Gerade bei der Finanztransaktionssteuer geht es aus sozialdemokratischer Sicht nicht nur um zusätzliche Budgetmittel bzw. um eine Reichensteuer. Es geht auch um eine zweifache Korrektur. Einerseits ist diese Steuer ein Instrument, die ungleicher gewordene Verteilung von Einkommen und Vermögen zu korrigieren. Und anderseits sollte das Missverhältnis zwischen Finanzdienstleistungen und realer Wirtschaft wieder in ein vernünftigeres Gleichgewicht gebracht werden.

Das Parteiengefüge der Zukunft wird in Zukunft ein anders sein als in den „stabilen“ Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg. Aber momentan gehen die Instabilität und die Veränderung zu sehr zu Lasten der Sozialdemokratie. Das hängt auch damit zusammen, dass die Konservativen (und die Liberalen) weniger wählerisch in ihrer Bündnispolitik sind. Sie verbünden sich mit weit rechts stehenden Parteien wie jener von Gert Wilders in den Niederlanden. Oder sie rücken selbst weit nach rechts wie Berlusconi in Italien und Orban in Ungarn. Ihnen hilft dabei die Mediatisierung und die Personalisierumg der Politik. Nicht auf Inhalte kommt es dabei an, sondern auf Darstellung und Inszenierung. Und da ist die Linke auf jeden Fall im Nachteil.

Aber all dies sind keine Gründe, die Bemühungen um eine Linkswende in Europa aufzugeben. Wir müssen die soziale Frage neu stellen, wir dürfen uns auf das rechte Konzept der Trennung zwischen In- und Ausländern nicht einlassen. Vielfältigkeit und Orientierung an gemeinsamen Werten sind kein Widerspruch. Wir müssen beides vertreten. Und wir müssen ein stimmiges Konzept zur Lösung der Wirtschaftskrise vorlegen –  und das kann nur ein gemeinsames sein. Und das heißt, ein europäisches.