Die Donau

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An der rumänischen Donauküste

Die Ausstellung über den Donauraum und mein dazu verfasster „Katalog“:„DIE DONAU – (K)Ein langer ruhiger Fluss“ waren für mich persönlich ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung einer umfassenden Donauraumstrategie. Die beiden Unternehmungen hatten aber auch den Zweck, Österreich und insbesondere Wien, die geo-politische Lage und die besonderen Beziehungen zu diesem Raum in Erinnerung zu rufen.

Die politische und kulturelle Dimension

Durch ein Podiumsgespräch wollte ich noch einen zusätzlichen Beitrag zu diesem Vorhaben liefern. Ich konnte dazu viele hervorragende Diskutanten gewinnen, die mit mir unter Leitung von Rubina Möhring versuchten, die politische und kulturelle Dimension dieses Raumes herauszuarbeiten. Christian Reder betonte dabei die Wichtigkeit, den traditionellen Rahmen zu sprengen und die Beziehungen und Vernetzungen über die Grenzen der Donaumonarchie hinaus zu betrachten. Am eigenen Beispiel beschrieb er den stufenweisen Verlust der Sprachenkenntnisse von seinem Großvater mit über acht Sprachen über seine Mutter zu ihm selbst.

Die künstlerische und architektonische Qualität

Boris Podrecca betonte ebenso wie Dietmar Steiner die Qualität der künstlerischen und architektonischen Leistungen dieses Raums, die durch den „Westen“ oft gering geschätzt wurden. Pessimistisch stimmte Podrecca der städtebauliche Zustand vieler Städte der Region. Gerade um die Qualität von Städtebau und Architektur bemüht sich Dietmar Steiner im Rahmen eines Balkanschwerpunkts des Wiener Architekturzentrums. Lojze Wieser betonte die Bedeutung der Literatur dieses Raumes und bedauerte die Schwierigkeiten, Finanzierungen für die Übersetzungen ins Deutsche zu finden.

Grenzen abbauen

Gemeinsam mit den Künstlern Robert Kabas und Fate Velaj sowie mit Planungsstadtrat Rudolf Schicker diskutierten wir die Möglichkeiten, von Wien aus Beiträge für die kulturelle Entwicklung und den Erhalt der Vielfalt zu leisten. Unser Interesse ist es, reale und die Grenzen in den Köpfen abzubauen – z. B. durch Visafreiheit – aber nicht die interessanten Unterschiede einzuebnen.

In Memoriam Bogdan Bogdanovic

Ohne es beabsichtigt zu haben, trafen sich an diesem Abend Diskutanten, die eine enge Beziehungen zum kürzlich verstorbenen ehemaligen Bürgermeister von Belgrad und Architekt und Künstler Bogdan Bogdanovic gehabt haben. Sie haben mit mir gemeinsam vor vielen Jahren Bogdan Bogdanovic und seiner Frau geholfen, in Wien eine dauernde Bleibe zu finden. So widmeten wir diesen Abend auch einem, der das Beste des Balkan repräsentierte: ein hohes Wissen, eine regionale Eigenständigkeit im künstlerischen Ausdruck und Toleranz und Ehrlichkeit in den politischen Haltungen. Und es war auch unser Konsens, diese Eigenschaften zu fördern – als künstlerisch und politische Menschen, die wir uns diesem Donauraum zugehörig fühlen.

Rückkehr zu unserer Identität

Eigentlich brauchen wir da nur jene unterstützen, die von sich aus Verbindungen zwischen Wien in die Region herstellen und umgekehrt. Drei Personen, die ich in den letzten Wochen getroffen habe, sind für mich typisch dafür. Ein Serbe, der lange in Österreich gelebt hat und jetzt einer der Sprecher der Roma in Serbien ist. Ein Wiener, der keine 200 Meter von mir entfernt wohnt, der unter der Sowjetzeit als Jude über Wien nach Israel ausgewandert und dann nach Wien zurückgekehrt ist und jetzt die georgische Regierung berät. Er hat mich in Tbilisi auf der Straße angesprochen. Und zuletzt der Bürgermeister in einer Kleinstadt nahe zu Antakya, der über lange Zeit in Wien gelebt hat und dessen Söhne nach wie vor in Wien leben und arbeiten. Aber solche Beispiele gibt es viele.
Wir sollten solchen Beziehungen und Verknüpfungen gegenüber offen sein. Viele Menschen überwinden bereits die inneren und äußeren Grenzen. Wir sollten sie dabei unterstützen. Wien und Österreich verlieren dabei nicht ihre Identität, im Gegenteil: Wir kehren zu unserer Identität zurück.

Wien, 27.6.2010