Hannes Swoboda: ‚Frau Bundeskanzlerin, wir brauchen eine Zukunftsvision für ein gestärktes Europa mit einem starken Sozialmodell‘

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel reist heute nach Brüssel, um dort im Europäischen Parlament mit den Europaabgeordneten zu sprechen. Hannes Swoboda, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, wird an der Diskussion teilnehmen und im Namen der S&D-Fraktion notwendige Reformen und Lösungen für einen Weg aus der Krise fordern.

 

Im Hinblick auf den Austausch mit Bundeskanzlerin Merkel sagte Hannes Swoboda:

 

„Frau Merkel, Ihr Engagement für Europa ist nicht ausreichend. Deutschland hat traditionell immer eine führende Rolle für Europa eingenommen und unter Ihrer Kanzlerschaft ist diese nicht sichtbar. Wo bleibt Ihr Engagement für ein starkes Europa mit einer langfristigen Vision und einem klaren Konzept?

 

„Europa ist in einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen aller Zeiten. Wir müssen die Wirtschaftskraft wiederaufbauen, aber dies ist nur möglich, wenn wir den Sozialstaat stärken, der die Wettbewerbsfähigkeit unseres Kontinentes erhöhen wird.

 

„Die Politik, die die Bundeskanzlerin heute gegenüber Ländern wie Griechenland und Portugal, bzw. gegenüber ganz Europa, vertritt, gefährdet den sozialen Zusammenhalt in Europa. Die Troikas, die in manchen dieser Länder agieren, sollten nicht unterstützt werden, denn sie sind „destroykas“, die die sozialstaatlichen Prinzipien zerstören.

 

„Deutschland muss sich für eine rasche Lösung der Bankenkrise einsetzen. Dies ist für Länder wie Spanien, Italien und Irland unabdingbar. Sie brauchen unsere Unterstützung und Solidarität. Der ESM (Europäischer Stabilisierungsmechanismus) muss sobald wie möglich seine Arbeit aufnehmen können.

 

„Wo bleibt Ihre Solidarität in der Krise, Frau Kanzlerin? Für Sie ist die Krise eine reine Schuldenkrise, die die scharfe Sparpolitik rechtfertigt. Die zunehmende Arbeitslosigkeit und der wachsende politische Radikalismus in ganz Europa ist eine inakzeptable Folge dieser Politik, der wir uns vehement entgegenstellen.

 

„Deutschland könnte sich pro-europäisch verhalten, wenn es eine Verringerung der ungerechtfertigt hohen Zinsdifferenzen zwischen den Mitgliedsländern der Eurozone unterstützen würde.

 

„Anstatt ständig wieder über neue institutionelle Vorschläge zu sprechen, sollten Sie konkrete Probleme angehen. Wir stehen für ein stärkeres Europa und eine stärkere gemeinsame Budgetpolitik aller Mitgliedsländer oder zumindest aller Euroländer. Die Idee eines eigenen Eurozonen-Budgets hat keinen seriösen Charakter. Was wir brauchen, ist ein starkes EU-Budget, mit dem wir das dringend benötigte Wachstum unterstützen können.

 

„Europa erwartet viel von Deutschland. Ein neoliberales Diktat für Europa kann jedoch nicht die Antwort sein. Deutschland muss eine langfristige Vision für ein soziales Europa verfolgen“.