Strategie für ein atomfreies Europa

p-009892-00-7Die SPÖ und die SPD sind sich einig, dass wir den Ausstieg aus der Atomenergie ernsthaft angehen müssen. Dies ist das Resultat eines Gesprächs zwischen den beiden Parteivorsitzenden Faymann und Gabriel letzten Sonntag in Wien.

Ich habe gemeinsam mit Martin Schulz, dem Fraktionsvorsitzenden im Europaparlament, an diesem Gespräch in Wien teilgenommen. Und ich finde es gut, dass die beiden sozialdemokratischen Parteien aus Österreich und Deutschland eine eindeutige und überzeugende Haltung in Sachen Atomenergie haben. Aber es ist noch ein langer Weg bis zu einem kernenergiefreien Europa, geschweige denn bis zu einer Welt ohne Atomkraftwerke – und natürlich auch ohne Atomwaffen. Aber noch längst sind nicht alle Verantwortlichen überzeugt, dass unser Wohlstand auch ohne Kernenergie gesichert werden kann.

Da ist zunächst die viel beschworene Atomlobby, die an der Kernenergie festhält. Und da gibt es besonders unverantwortliche Teile. Zum Beispiel solche, die in den Überwachungs- und Regulierungsbehörden sitzen, wie dies in Japan der Fall war und auch noch ist. Und dann gibt es diejenigen, die sich weigern, alle Kosten der Stromproduktion aus dem Atom auch in die Preisberechnung eingehen zu lassen. Denn weder die Kosten der Endlagerung noch die der möglichen Unfälle sind da berücksichtigt. In der Schweiz sind kürzlich einige diesbezügliche Studien erschienen. Diese zeigen eindeutig, dass die gesellschaftlichen Kosten der Kernenergie – allerdings auch der Energiegewinnung aus Kohle – besonders hoch sind. Aber das kommt im Strompreis nicht zum Ausdruck.

Sicher gibt es auch einige, die neu zu rechnen anfangen. So hat der Chef der französischen Agentur für nukleare Sicherheit zugegeben, dass auch in Frankreich schwere Unfälle passieren können und sich für erhöhte Sicherheitsmaßnahmen ausgesprochen. Wir müssen jetzt nur verdammt aufpassen, dass die angekündigten Stresstests auch nach strengen Kriterien durchgeführt werden und Konsequenzen haben! Und wir müssen mit aller Kraft die Erneuerbaren ausbauen und die Energieeffizienz verbindlich steigern. Außerdem müssen wir uns fragen, ob wir den Aufwand für die Kernfusionstechnik nicht doch besser für einen Umbau in Richtung Alternative Energiewirtschaft verwenden sollten.

Ein von Atomenergie freies Europa zu fordern ist eine Sache, dafür viele Verbündete zu gewinnen und diese Forderung umzusetzen ist eine viel schwieriger Aufgabe. Aber wir müssen die Gunst der Stunde nutzen. Und vor allem muss eine klare moralische und wissenschaftlich fundierte Strategie erkennbar sein. Und die versuchen wir zu konstruieren.