Rede zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt

Herr Präsident! Ich möchte an das anschließen, was Herr Tajani gesagt hat. Wir stimmen sicherlich mit ihm darin überein, dass der Dialog der Religionen, insbesondere zwischen den christlichen Religionen und dem Islam, sehr wichtig ist. Gerade aus diesen Gründen haben uns die Äußerungen des Papstes nicht gefallen. Ich anerkenne aber sowohl seine Entschuldigung für die Äußerung als auch die Initiative von gestern mit den Botschaftern aus islamischen Ländern, um den Dialog wiederzubeleben. Gerade auch deshalb ist uns eine mögliche Mitgliedschaft der Türkei, ein Weg der Türkei nach Europa so wichtig, denn dadurch kann dieser Dialog unterstützt werden.
Die Türkei ist uns auch als strategischer Partner in einem Friedensprozess im Nahen Osten wichtig, der sicherlich durch einen europäischen Weg der Türkei entsprechend gefördert werden kann. Dennoch – und hier stimme ich mit dem Berichterstatter Eurlings, dem ich für seine Bemühungen danke, durchaus überein – müssen die kritischen Punkte geäußert werden, die eben anzubringen sind. Ich war vor Jahren selbst einmal Berichterstatter des Europäischen Parlaments. Ich bin sehr froh, dass der Prozess weitergeführt wurde, dass mit der Türkei verhandelt wird, dass in der Türkei auch einiges geändert worden ist. Aber ich bin auf der anderen Seite darüber enttäuscht, dass der Fortschritt, was die Türkei betrifft, in etlichen Fragen zu gering ist. Zum Beispiel bezüglich der Meinungsfreiheit: Sicher, viele der Schriftsteller werden freigesprochen, aber der Skandal ist, dass Schriftsteller für ein Meinungsdelikt überhaupt vor Gericht gestellt werden. Das ist nicht akzeptabel und muss verhindert werden.
Was das Kurdenproblem betrifft, so ist schon gesagt worden, dass niemand in diesem Haus Verständnis für den Terrorismus hat und dass sich die PKK endlich dauerhaft zum Friedensprozess bekennen sollte. Aber die Regierung hat das ihre zu tun, um den Frieden wirtschaftlich, sozial und politisch zu fördern. Sie muss sich von jenen Kräften – dem Militär und dem Sicherheitsapparat – freimachen, die den friedlichen Dialog – insbesondere was das Kurdenproblem betrifft – nicht wollen.
In diesem Sinne hat sich der Berichterstatter durchaus bemüht, wenngleich wir noch einiges ändern wollen, um klar sagen zu können: Ja, wir wollen, dass die Türkei den europäischen Weg geht. Aber wir werden deswegen – auch im Interesse der Türkei – nicht auf unsere gerechten Forderungen verzichten, denn der größte Nutznießer des Reformprozesses ist nicht die Europäische Union, sondern die Türkei selbst.