Rede zu Moldau (Transnistrien), Georgien (Südossetien)

Herr Präsident! Wenn uns manche in Russland zuhören – vor allem Offizielle -, werden sie denken, wir haben nichts anderes vor, als diese Woche im Europäischen Parlament dem russischen Bären auf den Schwanz zu steigen. Das ist nicht unsere Absicht, aber wir wollen Russland eindeutig klar machen, dass es mit uns gemeinsam versuchen sollte, anstehende Probleme – vom Energieproblem bis zu den Nachbarschaftsproblemen – zu lösen. Und Russland soll sich zur Multilateralität bekennen!
In der Kritik an Amerika sind wir uns oft einig, was die Einseitigkeit amerikanischer Aktionen betrifft. Wenn es dann aber darum geht, im eigenen Bereich etwas zu tun – und zwar multilateral und nicht einseitig -, dann ist Russland in der letzten Zeit einen anderen Weg gegangen, und das ist absolut inakzeptabel.
Erstens: Natürlich brauchen wir auch die Mithilfe der betroffenen Länder. Was Georgien anbelangt, so wünschen wir uns – und wir haben das beim letzten Besuch in Georgien auch gesagt -, dass Georgien das Bekenntnis zum Gewaltverzicht unterzeichnet. Der Hinweis: „Wir wollen uns verteidigen können“ ist sicherlich nicht aussagekräftig, weil dies natürlich jedermann zusteht.
Zweitens: Wir wünschen uns ein konkretes Angebot, wie man die Bevölkerung von Südossetien und auch Abchasien in die Gesellschaft Georgiens reintegrieren möchte, denn wir stehen dazu, dass es nur ein gemeinsames integrales Georgien geben kann, wenn auch mit besonderen konkreten Angeboten an diese Teile der Bevölkerung.
Trotzdem liegt die Hauptverantwortung nach wie vor bei Russland. Ich verstehe nicht, dass Russland noch immer nicht verstanden hat, dass man sich Freunde nicht dadurch schafft, dass man kleine, separatistische, zum Teil auch kriminell unterwanderte Bewegungen unterstützt, sondern indem man die Stabilität der Nachbarn unterstützt, und das würde Georgien sicherlich ebenfalls gerne tun.
Was wir aber absolut ablehnen müssen, ist die Vertreibung der Georgier aus Russland. Es klingt zynisch, wenn argumentiert wird: Ja, aber das sind Illegale. Eine Vertreibung der Georgier – gerade jetzt, angesichts dieser Zwischenfälle – ist ein ebenso unglückliches zeitliches Zusammentreffen wie die Energiepreiserhöhungen im Falle der Ukraine vor der Wahl und im Falle Weißrusslands nach der Wahl. Das ist absolut unvertretbar und inakzeptabel.
Straßburg, 25.10.2006