Rede zur Lage im Nahen Osten

Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident! Ich möchte die Sicherheit Israels und das Interesse Europas an dieser Sicherheit in den Mittelpunkt meiner Bemerkungen stellen. Unsere Geschichte, unsere furchtbare, tragische, katastrophale Geschichte in Europa verpflichtet uns, für die Sicherheit Israels einzutreten.
Was bedeutet aber Sicherheit für Israel? Erstens: Israel braucht Nachbarn, die selbst Sicherheit haben, die sich auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung im eigenen Land konzentrieren können, die nicht von den Nachbarn abhängig sind, die auch nicht besetzt sind und keine Blockaden erleiden müssen. Daher brauchen wir einen unabhängigen Libanon, der nicht von Syrien abhängig, nicht militärisch besetzt und nicht durch eine Blockade bedroht ist.
Zweitens: Wenn Israel Sicherheit haben soll, was unser Ziel ist, dann müssen endlich die UN-Resolutionen verwirklicht werden, vor allem die erste UN-Resolution, die zur Gründung Israels geführt hat, die allerdings auch die Gründung eines palästinensischen Staates vorsieht. Daher bedarf es auch des Rückzugs aus den besetzten Gebieten, um einen solchen unabhängigen Staat möglich zu machen.
Ich möchte hier Gideon Levy von der israelischen Zeitung Ha"aretz zitieren, der gemeint hat: „Der Krebs, der uns mehr bedroht als aller Terrorismus, ist die Besetzung eines fremden Landes und seiner Bevölkerung.“ Ähnliches bringen auch viele andere Israelis heute klar zum Ausdruck. Daher ist es richtig, was Sie, Herr Ratsvorsitzender, in den letzten Tagen und Wochen sehr deutlich gemacht haben: Wir müssen zu einer Verhandlungssituation kommen, damit die Sicherheit Israels auch dauerhaft gewährleistet ist. Weder Kriege und Gewalt, die wieder Gegengewalt hervorrufen, führen zum Ziel – das hat der letzte Krieg im Libanon gezeigt – noch der einseitige Rückzug, vor allem dann, wenn er nicht von einer auch militärischen oder friedenspolitischen Absicherung gefolgt ist, damit es nicht wieder zu neuen Attentaten kommt.
Verhandeln heißt, dass man Gespräche führen muss. Wenn man miteinander Gespräche führt, dann erkennt man den Partner ja auch an. Daher sollten wir nicht allzu viel von Bedingungen reden, vor allem, wenn sie einseitig sind. Wir verlangen mit Recht von Hamas, dass sie Israel in den Grenzen von 1967 anerkennen muss. Dann müssen wir aber auch von Israel verlangen, dass es seine Grenzen von 1967 anerkennt. Oder wir sagen von vornherein: Setzt euch zusammen, redet darüber, Ausgangspunkt ist die UN-Resolution, die das vorsieht, und dann muss man über Korrekturen etc. reden. In dem Sinne kann es nur einen Friedensprozess geben, der auf Verhandlungen beruht.
Wenn ich einen Punkt korrigieren kann, Herr Ratspräsident: Eigentlich ist es kein Zurück zu einem Friedensprozess, eigentlich ist es ein Vorwärts zu einem Friedensprozess, denn einen wirklich durchgreifenden und Erfolg versprechenden Friedensprozess hat es noch nicht gegeben.
Ich möchte Ihnen beiden, Frau Kommissarin, Herr Ratsvorsitzender, herzlich danken, weil Sie gerade in den letzten Wochen durch Ihre Arbeit und durch Ihre Äußerungen dazu beigetragen haben, dass wir ein realistischeres Bild bekommen und jetzt wirklich damit beginnen können, dass Europa eine große Rolle bei der Herbeiführung eines dauerhaften Friedensprozesses spielt, den wir für die Sicherheit Israels, aber auch der gesamten Region dringend brauchen.
(Beifall)