Rede zur Lage in Aserbaidschan vor den Wahlen

Hannes Swoboda, im Namen der PSE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Ich danke Ihnen, Frau Kommissarin, für das sehr gemischte Bild, das Sie gezeichnet haben. In der Tat haben wir einige Fortschritte zu verzeichnen, das soll man auch erwähnen und loben. Aber gerade in letzter Zeit gab es wieder große Nervosität und daraus folgend eine Reihe von Maßnahmen, die mit freien Wahlen eigentlich nicht vereinbar sind.
Es ist ganz entscheidend, dass wir Wahlen nicht nur am Wahltag selbst beobachten – wo auch einige Maßnahmen, die Sie erwähnt haben, Verbesserungen bringen können -, sondern dass wir auch den Zeitraum davor betrachten: Wie transparent wird vorgegangen, in welchem Ausmaß besteht Zugang zu den Medien und welche Möglichkeiten der Entfaltung besitzt die Opposition?
Wir haben bei unserer Zusammenarbeit in der Delegation mit dem Parlament von Aserbaidschan auch eine Reihe von Umständen diskutiert, die uns sehr zu denken geben. Der Botschafter des Landes hatte Mühe zu erklären, warum immer wieder Versammlungen der Opposition abgesagt oder verschoben wurden oder am Stadtrand von Baku stattfinden mussten, wodurch die Opposition sicherlich nicht die Möglichkeit hatte, gerade in Wahlzeiten ihr Programm und ihre Kandidaten vorzustellen.
Es erstaunt mich daher nicht, dass Sie erwähnt haben, dass eine Reihe von Persönlichkeiten, die kandidieren wollten, abgesagt haben, weil sie das Gefühl hatten, dass es keinen fairen Wettstreit und keine fairen Wahlen gibt.
Aserbaidschan muss sich daran gewöhnen, dass es größere Schritte in Richtung Demokratie und Transparenz setzen muss. Der Transformationsprozess, der in Aserbaidschan stattfinden muss, ist sicherlich schwierig, aber diese Schritte müssen gesetzt werden – trotz des schwelenden Konflikts im Zusammenhang mit Berg-Karabach.
Bei unserem Besuch im Land ist uns aufgefallen, dass Maßnahmen in Richtung Modernisierung, Transparenz und Demokratie immer wieder mit dem Hinweis, dass man in einem großen Konflikt lebe, abgeblockt worden sind. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Wir wünschen uns natürlich, dass dieser Konflikt gerade im Interesse Aserbaidschans gelöst werden kann. Aber das darf die Regierung nicht daran hindern, die internen Strukturen zu modernisieren und weiterzuentwickeln.
Sie haben schon vom Zugang zu den Medien gesprochen. Da gibt es große Probleme, auch im Hinblick auf die Sicherheit. Die Sicherheit von Journalisten, die kritisch und frei sind, ist nicht gewährleistet, wenn ich etwa an Elmar Hüseynov denke, dessen Ermordung noch immer nicht aufgeklärt ist. Wir würden uns natürlich wünschen, dass Aserbaidschan hier viel entschlossener vorgeht.
Ich darf in diesem Zusammenhang noch einen weiteren Punkt erwähnen. Aserbaidschan ist jetzt ein Land, das aufgrund der Öleinnahmen, die rapide steigen, sehr viele zusätzliche Mittel erwirtschaften kann. Wir haben bei unserem Besuch auch schon gehört, dass unsere Druckmittel gerade im Zusammenhang mit der europäischen Nachbarschaftspolitik nicht mehr wirklich greifen, weil das Land nicht auf europäische Mittel angewiesen ist.
Dabei sollte es Aserbaidschan doch klar sein, dass es im Interesse der eigenen Bevölkerung unter Absicherung des sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts durchaus mehr Investitionen und somit mehr Transparenz, Öffentlichkeit und Demokratie braucht.
Frau Kommissarin, Sie haben völlig Recht, und ich möchte Sie unterstützen. Wir – die Kommission und das Parlament – sollten gemeinsam alles daran setzen, dass in Aserbaidschan nach den Wahlen mit dem neuen Parlament weitere wichtige Reformschritte umgesetzt werden. Wir dürfen schon im Interesse der Bevölkerung dieses Landes in unseren Bemühungen nicht nachlassen!