Aus den Alpen über Wien nach Brüssel

Wer Österreich und seinen Menschen wirklich helfen möchte, muss ein europäisches Engagement schätzen und unterstützen.
Nach ein paar Tagen im Grenzgebiet zwischen Slowenien und Kroatien – diesmal allerdings ohne politische Absichten und Aktivitäten – verbrachte ich meinen Urlaub in den Tiroler Alpen: in Kitzbühel und dann in St. Jakob im Defereggental in Osttirol.

Eine Illusion

Insbesondere angesichts des guten Wetters kommt man in diesen Regionen leicht auf den Gedanken, dass es doch keiner Politik und schon gar nicht einer besonderen europäischen Politik bedarf, um den Menschen ein sicheres und angenehmes Leben zu verschaffen. Es gibt doch alles vor der „Haustür“. Man müsste sie nur in Ruhe lassen und alles würde gut gehen.
Denkt man ein bisschen weiter, erkennt man allerdings in diesen Gedankengängen eine bzw. mehrere Illusionen. So ist die Natur, wie wir sie heute erleben, durch den Klimawandel gefährdet. Die Einnahmen durch den Tourismus sind durch Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit gefährdet. Und die Ansprüche der Touristen nach Wellness etc. erfordern immer mehr Energie, die auch in einem Land mit viel Wasserkraft nicht unbegrenzt vorhanden ist. Und ohne nachhaltige Friedenspolitik ist unsere ganze Wirtschaftentwicklung ohnedies in Gefahr.

Europäische Zusammenarbeit statt Blut und Boden-Ideologie

Weder die Klimaproblematik, noch die Wirtschaftsfragen und die Energieversorgung oder der Frieden in unserer Nachbarschaft können durch Österreich oder irgendein Land alleine gelöst werden. Und auch eine lockere Zusammenarbeit zwischen Staaten reicht nicht aus, immer wird zumindest ein Staat Einspruch oder sogar ein Veto erheben. Jedenfalls in Europa, wo wir in der Vergangenheit soviel gemeinsam und gegeneinander „verbockt“ haben, sollten wir uns jetzt darauf verständigen, gemeinsam zu handeln und damit auch die anderen motivieren, unsren globalen Lebensinteressen nicht nur zu berücksichtigen, sondern auch aktiv zu vertreten.
Die nationalistischen und chauvinistischen Kräfte – in der Politik und in den Medien – führen die Menschen in die Irre, wenn sie behaupten, wir können diese Probleme alleine lösen. Sie sehen in jedem „Europäer“ einen Vaterlandsverräter. Sie sind es, die unsere Natur und das friedliche Zusammenleben gefährden. Beides wird nicht durch die Blut und Boden Ideologie bewahrt, sondern nur durch die Bereitschaft zu einer europäischen Zusammenarbeit. Wer Österreich und seinen Menschen wirklich helfen möchte, muss ein europäisches Engagement schätzen und unterstützen. Und zwar geht es dabei nicht um allgemeine Sonntagsbekenntnisse, sondern um konkrete Maßnahmen im Interesse unserer Lebensinteressen.

Stimmung für ein gemeinsames Vorgehen machen

Mit diesen Gedanken begebe ich mich dieser Tage nach Brüssel, um mich in den für mich wichtigen Fragen der zukünftigen Wirtschafts- und Sozialpolitik der EU, der Energieversorgung und der Konfliktverhütung zu widmen. Wie schon erwähnt, bedarf es einerseits einer innereuropäischen Einigung, um dann auch mit den globalen Partnern (USA, Russland, China, Indien etc.) zu einer Verständigung und einer konkreten Unsetzung der beschlossenen Maßnahmen zu kommen. Und dazu braucht es auch eine Europäische Kommission mit einem Präsidenten an der Spitze, die mutig und entschlossen die notwendigen Schritte setzt und sich nicht von einzelnen beharrenden Kräften behindern lässt. Und wir müssen im Parlament die Kommission in diesem Sinne fordern und die Gesetzesvorschläge entsprechend verändern und gestalten.
So führt der Weg von den Kitzbüheler Alpen und aus dem Defereggental direkt nach Brüssel bzw. Strassburg. Aber dann auch weiter in die USA, um dort Stimmung für ein gemeinsames Vorgehen in Wirtschafts- und Klimafragen zu machen. Und wir als ParlamentarierInnen müssen uns vor allem mit den Kongressabgeordneten verständigen. Und mit Russland als wichtigem „europäischem“ Partner müssen wir ebendiese Fragen, aber auch die Konfliktvermeidung in unserer Nachbarschaft besprechen. Auch wenn die Abgeordneten der Duma weniger zu reden haben als die Mitglieder des EU-Parlaments und die Kongressabgeordneten in den USA, so ist der Kontakt mit ihnen für die generelle Haltung Russlands dennoch in vielen Fragen wichtig.

Die Hausaufgaben machen

Es wäre aber falsch, sich nur auf die „Großen“ zu konzentrieren. Viele unserer Nachbarn müssen wir in die europäischen Strategien einbinden, ohne sie deshalb als Mitglieder in die EU aufzunehmen. So sind sowohl die Türkei als auch die Ukraine für unsre Energieversorgung wichtige Nachbarn. Und die Fortsetzung der Erweiterungsstrategie hinsichtlich der Balkanregion ist für die Konfliktvermeidung in unserer Nachbarschaft notwendig. Dabei gilt es, nichts zu überstürzen. Außerdem müssen auch die Balkanländer alle ihre Hausaufgaben machen. Aber die Hoffnung, dass die EU ihre Versprechen erfüllt, muss gegeben bleiben.
Bei all den notwendigen Kontakten und Absprachen zu und mit unseren nahen und fernen Partnern bleiben viele Hausaufgaben zu erfüllen. So gilt es, die neuen Regeln für die Finanzmärkte zu beschließen und das Marktgeschehen in der EU stärker mit den sozialen Bedürfnissen der Menschen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Die soziale Marktwirtschaft ist kein Konzept von Gestern, sondern sollte in der EU die Basis für eine sicherere Zukunft mit Tendenz zur Vollbeschäftigung sein.

Minderheiten sind keine Gefahr, sondern eine Bereicherung

Weiters ist die Energieversorgung mit Öl und Gas genauso sicherzustellen wie die Umstrukturierung in Richtung nachhaltiger Energieproduktion voranzutreiben ist. Ich sehe darin keinen grundsätzlichen Gegensatz, sondern eine sich ergänzende kurz- und langfristige Strategie, die jedenfalls eine umweltfreundliche und nachhaltige Energiepolitik zum Ziel hat.
Parallel dazu müssen wir all jene unnotwendigen Konflikte vermeiden, die uns nur von den echten Problemen ablenken. Dafür ist auch eine Einstellung notwendig, in Minderheiten nicht eine Gefahr, sondern eine Bereicherung zu sehen. Umgekehrt sollten Minderheitenvertreter und insbesondere die Nachbarstaaten ungelöste Minderheitenfragen nicht politisch ausnützen. In diesem Sinne werde ich mich auch weiterhin engagieren. Nicht nur für die slowenische Minderheit in Österreich, sondern auch für die ungarische Minderheit in der Slowakei und umgekehrt und vor allem für die Roma als große europäische „Minderheit“.

Mir geht es um die Menschen

Jedenfalls sind dies meine wichtigsten Schwerpunkte, die ich auch in den nächsten Jahren in den Mittelpunkt meiner Arbeit stellen werde. Gerade, weil mir auch bei meinem Urlaub im schönen Österreich einmal mehr klar geworden ist, dass die Schönheiten unseres Landes nur dann wirklich genossen werden können, die Beschäftigung unserer Menschen nur dann gesichert ist und wir nur dann in Frieden leben können, wenn wir uns in Europa für eine überlegte und nachhaltige Wirtschafts-, Energie- und Umweltpolitik engagieren. Und wenn wir eine konsequente innere und äußere Friedenspolitik betreiben.
Auf diesem Weg dürfen wir uns auch nicht von den Miesmachern, Populisten und Nationalisten abhalten lassen. Ich jedenfalls werde mich an diesen Zielen weiter orientieren, denn mir geht es um die Menschen, die einen Job brauchen und die sich in einer friedlichen und gesunden Umgebung erholen wollen. Das gibt es nicht ohne Anstrengung und eben nicht ohne erfolgreiche europäische Politik.

Wien, 24.8.2009