Im Mittelpunkt stehen die KonsumentInnen

Die BürgerInnen haben ein Recht zu wissen, was mit der Post passiert und wie garantiert wird, dass Postleistungen auch nach einer weiteren Marktöffnung gut bzw. sogar besser als derzeit funktionieren.
Der Kosovo stand auch im Zentrum einer Veranstaltung, die gestern Abend im Verein Jedinstvo in Wien stattfand.

Kultur- und Sportverein Jedinstvo

Jedinstvo ist ein, wie er sich selbst tituliert, Kultur- und Sportverein, dem zahlreiche serbische MitbügerInnen – insbesondere aus Wien – angehören. Der Verein beschäftigt sich darüber hinaus intensiv mit verschiedenen politischen Themen und führt regelmäßig entsprechende Diskussionen durch.
Unsere gestrige Diskussion verlief verhältnismäßig ruhig und gemäßigt. Die schärfsten Wortmeldungen, die soweit gegangen sind, Milosevic zu verteidigen, kamen von Zaungästen nicht-serbischen Ursprungs. Sie haben sich besonders exponiert, haben einen großen Angriff auf Serbien heraufbeschwört und wollten nicht zur Kenntnis nehmen, was im Kosovo tatsächlich passiert ist. Dennoch, derartige Äußerungen prallen nicht so einfach an mir ab. Ich versuche, die Interessen Serbiens gewissenhaft zu berücksichtigen und die zugegebenermaßen oft stark präsente anti-serbische Haltung entsprechend zu korrigieren.

Postliberalisierung

Aber nicht nur der Kosovo spielt derzeit in meinem Arbeitsbereich eine äußerst zentrale Rolle, sondern auch die Postliberalisierung. In jüngster Zeit gab es dazu unterschiedlichste Interventionen. So hatten mich in dieser Woche Vertreter der Deutschen Post in Brüssel aufgesucht, ebenso wie Zeitungsherausgeber, die auf gute Postdienste angewiesen sind und schließlich der Verband privater Dienstleister im Postsektor wie beispielsweise DHL.
Allen war gemeinsam, dass sie sich tendenziell für die Liberalisierung ausgesprochen haben. Sie wollten natürlich auch meine Meinung erfahren. Ich habe ihnen deutlich gesagt, dass ich mir vorstellen kann, weitere Schritte der bereits erfolgten Marktöffnung zu setzen. Zuvor muss allerdings klar sein, wie der sogenannte Universaldienst, also der Dienst für alle BürgerInnen selbst an entlegenen Stellen, mit einem hohen Qualitätsgrad gewährleistet werden kann.

Liberalisierung verschieben

Ich bin dafür, den Beginn der angestrebten Liberalisierung um zwei Jahre zu verschieben. Ich glaube, es ist das Recht der BürgerInnen zu wissen, was mit der Post passiert und wie garantiert wird, dass Postleistungen auch nach einer weiteren Marktöffnung gut bzw. sogar besser als derzeit funktionieren. Im Moment sind Briefsendungen unter 50 Gramm in der Regel dem staatlichen Monopolisten vorenthalten, die übrigen Bereiche und Serviceleistungen dürfen auch von Privaten unternommen werden.
Einige Staaten sind in der Liberalisierung allerdings schon weiter gegangen – was ja nicht verboten ist. Nun soll es zu einem weiteren Schritt der Harmonisierung kommen. Manche Länder mögen darauf gut vorbereitet sein, wie zum Beispiel auch Österreich. Auf andere, insbesondere auf einen Teil der neuen Mitgliedsstaaten, trifft das nicht zu. Die Post und Postdienstleistungen sind aber in jedem Fall zu wichtig – sowohl für Privatpersonen wie auch für die Klein- und Mittelbetriebe – als dass man sie dem Markt überlassen kann. Die Kommission schlägt ja auch explizit vor, dass es Universaldienstleistungen geben muss und dafür verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten in Frage kommen. Diese sollen einerseits aus dem Staatsbudget geschöpft werden. Das ist angesichts der aktuellen finanziellen Lage aber völlig irreal. Andererseits sollen sie durch Einhebung von Gebühren lukriert werden, die entweder von allen entrichtet werden müssen oder nur von jenen, die sich nicht an der Bereitstellung von Universaldiensten auch für entlegene Gebiete beteiligen wollen.

Zu wenig Kundenorientierung

Verschiedene Unternehmungen, darunter auch die Deutsche Post, behaupten, dass eigentliche für die Universaldienste keine wirklich eklatanten Kosten anfallen, wenn die Postverwaltungen die entsprechenden Reformen gut vorbereiten. Es hat, nicht nur in Deutschland, eine sehr weite Verbreitung von Postkontaktstellen gegeben, sodass spezielle wichtige Postleistungen auch in Geschäften, Trafiken, etc. abgewickelt werden können.
Die traditionelle Post als solches ist also zweifellos nicht mehr der alleinige und in einigen Jahren oder Jahrzehnten nicht mehr der hauptsächliche Betreiber von Postdienstleistungen. Man muss fairerweise erwähnen, dass auch die Post selbst manche Anpassungs- und Reformschritte nicht rechtzeitig gesetzt hat, um ihre Leistungsfähigkeit und Konsumentenorientierung zu demonstrieren.

Interessen der KonsumentInnen und Beschäftigen berücksichtigen

Wie es auch immer sei: Wir werden in den kommenden Wochen noch intensive Beratungen durchführen müssen. Mir persönlich ist wichtig, dass Postdienstleistungen als Dienstleistungen allgemeinen öffentlichen und wirtschaftlichen Interesses verstanden werden und nicht als eine x-beliebige private Leistung. Im Mittelpunkt steht weder die Post noch gar die Profite und Gewinne privater Unternehmungen, sondern ganz eindeutig der/die KonsumentIn, der/die auf die Postdienstleistungen angewiesen ist. Und genau so wichtig sind die Beschäftigten, deren Interessen in der Gesamtreform ebenfalls entsprechend zu berücksichtigen sind.

Wien, 9.3.2007