USA VII: Innovativ und lebendig, aber benutzerorientiert

L1030980Eine Frage beschäftigt uns in Europa wie in den USA: Inwieweit sollen wir es den BenutzerInnen ermöglichen, den Netzwerken zu unterbinden, persönliche Profile zu erstellen, um damit eine auf die einzelnen Benutzer abgestimmte Werbung zu ermöglichen? Entweder kann überhaupt das Erstellen von Profilen untersagt werden (allerdings, wie ist das zu kontrollieren?) oder zumindest die Weitergabe von Profilen an Unternehmungen. Von Seiten der Wirtschaft kommt jedoch der Einwand, dass damit die Werbung behindert und der Beitrag zur Finanzierung der Netze geringer ausfallen wird. Es wäre allerdings möglich, dem Benutzer anzubieten, entweder Profilierung und gezielte Werbung zuzulassen oder für die Inanspruchnahmen der Netze oder gewisser Dienst mehr zu bezahlen. Man sieht also, dass viele Fragen des Konsumentenrechts und des Schutzes der Privatsphäre auf uns zukommen.

Cloud Computing

Der Schutz der KonsumentInnen und der Privatsphäre wird durch die wachsende Bereitschaft zum „Cloud Computing“ noch wichtiger. Denn die Bereitschaft zur Auslagerung der Speicherung und der Bearbeitung von Daten an einen externen Rechner, der von mehreren Firmen gleichzeitig benützt wird, erhöht das Risiko von illegalen Zugriffen auf Daten. Den Trend des Cloud Computing wird man nicht stoppen können, aber die Sicherheitsanforderungen müssen daran angepasst werden – und das heißt erhöht werden müssen. Dass wir als verantwortliche PolitikerInnen den Entwicklungen in der digitalen Welt hinterherlaufen, ist unvermeidlich, aber wir sollten ihnen immer am Fuß bleiben.

Aus meiner Sicht wäre es vernünftig, dass Europa und die USA gemeinsam vorgehen, um auch global entsprechende Standards zu setzen. Dabei sollte man sich primär an den mündigen BürgerInnen orientieren und eine Wahlfreiheit zulassen, die auch die Weiterentwicklung der Netzte ermöglicht.

Attackenabwehr

Auch was die Bekämpfung der Cyberkriminalität betrifft, sollten USA und Europa gemeinsam vorgehen und dies nicht nur der Nato überlassen. Die digitale Welt dringt immer mehr in unsere industriellen Energiesysteme sowie in die politischen und militärische Systeme vor. Daher ist die Vorsorge und Abwehr illegaler ungefährlicher Attacken dringend geboten. WikiLeaks ist da noch das geringste Problem. Es kann durchaus gefährlicher werden.

Auch diesbezüglich sollten USA und Europa an die Hersteller der Soft- und der Hardware entsprechende Anforderungen stellen. Gemeinsam mit den privaten, industriellen und öffentlichen Nutzern sollten, wie oben schon erwähnt, Standards ausgearbeitet werden, die eine größtmögliche Resistenz gegen Attacken schafft und im Falle von solchen Attacken die Funktionsfähigkeit wiederherstellen.

Konkret werden

Wie immer nach einem Arbeitsbesuch in den USA verstärkt sich in mir die Überzeugung, dass es ein weites Feld einer sinnvollen Kooperation mit den USA auf legistischem Gebiet gibt. Und unser Treffen mit den amerikanischen KollegInnen heißt ja auch „Transatlantischer Dialog der Gesetzgeber“. Am Ende unseres Dialogs bin ich allerdings auch immer skeptisch, ob die Kongressmitglieder tatsächlich zu einer konkreten Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Gesetzgebung bereit sind. Und es ist für mich traurig, dass es die Unternehmungen sind, die die größte Bereitschaft zur transatlantischen Zusammenarbeit haben. Sie haben dabei natürlich ein Eigeninteresse.

Europa sollte sich weder den Gesetzesvorhaben der USA unterwerfen noch den spezifischen Interessen der Internetunternehmen. Wir haben durchaus eine nicht unbeträchtliche Macht, wenn es um Verdacht von Wettbewerbsbeschränkungen und den Konsumentenschutz geht. Und wie wir beim Gespräch mit den Google-Vertretern gesehen haben, ist das eine durchaus respektieret Macht. Auch als öffentliche Auftraggeber haben wir einen nicht unbeträchtlichen Einfluss. All das sollen wir nutzen, um für eine lebendige, innovative, aber benutzerorientierte digitale Welt zu sorgen.

San Franciso, 6.12.2010