Rückwärtsschritte

Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Chirine Ebadi zeigt sich skeptisch hinsichtlich eines konstruktiven Dialogs mit den Vertretern des iranischen Regimes.
Heute früh traf jene kleine Delegation, die vor kurzem im Iran weilte, die iranische Friedensnobelpreisträgerin Chirine Ebadi. Sie besuchte das Europäische Parlament und wir nutzten natürlich die Gelegenheit, Chirine Ebadi im kleinen Kreis über die Konsequenzen der jüngsten Wahlen im Iran zu befragen. Unsere Hoffnungen, die wir noch während unseres Besuches im Iran hegten, dass die konservativen Kräfte doch noch nachgeben und die meisten Reformer eine Möglichkeit zur Kandidatur bekommen werden, haben sich bekanntlich zerschlagen. Und so kam es, wie es kommen musste bzw. wie es die konservativen Kräfte wollten: sie erzielten einen „berauschenden“ Wahlsieg.

Schwere Niederlage

Für uns, aber vor allem für den Iran, ist dies eine schwere Niederlage. Frau Ebadi machte uns auch wenig Hoffnung. Sie zeigte sich zudem skeptisch hinsichtlich eines konstruktiven Dialogs mit den Vertretern des iranischen Regimes. „Sie haben mit dem Iran auch über wichtige Menschenrechtsfragen gesprochen. Und wie war die Antwort des Regimes? Sie haben der Bevölkerung keine Wahlfreiheit gelassen, sondern die KandidatInnen vorselektiert.“
Notwendig ist vor allem die Unterstützung vieler privater Menschenrechtorganisationen durch Europa. Sie haben diese Hilfe bitter nötig. Chirine Ebadi, eine hübsche, zierliche Frau, war in ihren Aussagen klar und deutlich, Diplomatie dürfte ihr nicht sehr liegen. Ja, zur Unterstreichung ihrer Argumente schlug sie mit der Hand auf den Tisch. Wir sollten keine Zweifel an ihrer Aussage haben.

Eigenartiger Status quo

Ähnlich skeptisch äußerte sich vor kurzem der iranische Filmemacher Jafar Panahi in einem Interview in Le Monde: „Es ist wahr, die Situation verschlechtert sich immer mehr. Es gibt eine immer strenger werdende Reaktion auf die Ausnutzung der Freiheit durch die zivile Gesellschaft, welche immer notwendiger wird. Letztendlich glaube ich kaum, dass die Macht diesem Druck standhalten wird können. Aber für den Moment leben wir in einem eigenartigen Status quo.“
Da wir vom Iran viel an Kooperation erwarten – von einer lückenlosen Unterstützung der Kontrolle der atomaren Anlagen bis zur Hilfe beim Aufbau eines demokratischen Staates im Irak, etc. – kann man den Dialog mit diesem Land nicht einstellen. Aber wir im EU-Parlament verspüren keine große Lust zu Gesprächen mit Parlamentariern, die ihre Funktion nicht auf Grund freier Wahlen ausüben. Der Iran ist ein Stück rückwärts gegangen und das ist sehr schade.
Brüssel, 25.02.2004